Rom. „Wir wollen Arbeit für alle, aber Arbeit mit Rechten“, ruft die Chefin der größten Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso, der Menschenmenge zu: Bis zu einer Million Italiener haben am Sonnabend in Rom gegen die geplante Arbeitsmarktreform von Regierungschef Matteo Renzi protestiert. Die Wut der überwiegend jungen Demonstranten richtet sich vor allem gegen Renzis Plan, den Kündigungsschutz zu lockern.

Hunderttausende Menschen waren dem Ruf der CGIL gefolgt, nach Angaben der Organisatoren war es sogar eine Million. Es war die erste Massenkundgebung gegen Renzis Politik seit dessen Amtsantritt im Februar. Die CGIL steht Renzis Demokratischer Partei (PD) nahe, doch ist die geplante Arbeitsmarktreform auch innerhalb der Partei umstritten.

„Wir sind hier und gehen nicht weg. Wir werden alle unsere Stärke zum Kampf nutzen, um die Regierungspolitik zu ändern“, rief Gewerkschaftschefin Camusso. Sie kündigte für den 8. November den nächsten Aktionstag an. Renzis Vorschläge „reichen nicht, um den Weg zu ändern, auf dem Italien ist“, erklärte sie weiter.

Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Italien bei 44,2 Prozent. Und viele Berufseinsteiger erhalten nur Verträge mit kurzer Laufzeit. Renzi will es Unternehmen leichter machen, Angestellte zu entlassen, um sie zu Neueinstellungen zu bewegen. Zu seinen Plänen gehört auch ein System, wonach der Kündigungsschutz und andere Leistungen mit der Beschäftigungsdauer erhöht werden.

„Die CGIL protestiert gegen eine Reform, die Arbeit schaffen will“, sagte Vize-Regierungschef Angelino Alfano am Samstag. „Sie protestiert, um die Vergangenheit zu verteidigen, aber wir wollen eine Zukunft für junge Leute aufbauen.“

Renzi war mit vollmundigen Versprechen angetreten, sein Land zu überholen und aus der schweren Wirtschaftskrise zu führen. Zwar entging das Land knapp der dritten Rezession in den vergangenen sechs Jahren. Die Gesamtverschuldung wird der Prognose zufolge im kommenden Jahr aber eine Quote von 133,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen – mehr als doppelt so hoch wie zulässig. Wegen des begrenzten Spar- und Reformeifers muss Rom fürchten, dass der Haushaltsentwurf von der EU-Kommission abgelehnt wird und Nachbesserungen notwendig werden.