Der designierte EU-Kommissar fürs Digitale verwechselte den Hackerangriff auf eine Cloud mit der Absicht von Prominenten, ihre Nacktfotos ins Internet zu stellen.

Brüssel. Der designierte EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft, Günther Oettinger, will das EU-Verfahren gegen Google zum Musterfall machen. Nachgereichte Fälle und Probleme sollten in einem solchen „Google-Paket“ zusammengefasst werden, sagte Oettinger bei seiner Anhörung vor dem Europäischen Parlament.

Ein baldiges Ende des Verfahrens, in dem die EU-Kommission die Marktmacht des US-Konzerns bei der Internetsuche untersucht, sieht Oettinger nicht.

„Mit dem im Februar angebotenen Kompromiss würden wir die Marktmacht von Google eher zementieren. Das kann unmöglich in unserem Interesse sein“, sagte der CDU-Politiker. Nach seiner Darstellung wäre der Fall zu dem Zeitpunkt schon abgeschlossen worden, wenn er nicht dagegen Widerstand geleistet hätte.

Oettinger verwies in diesem Zusammenhang auf die Probleme von Verlegern, die gegen die Marktmacht von Google kämpfen. Federführend bei dem Fall ist indes der bisherige Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia sowie voraussichtlich ab November dessen Nachfolgerin Margrethe Vestager. Der EU-Abgeordnete Michael Theurer (FDP) kritisierte nach der Anhörung, dass Oettinger nicht konkret darauf eingegangen sei, ob die Marktmacht von Google durch einen neuen EU-Anbieter in diesem Bereich gebrochen werden könne.

Zur Reform des Urheberrechts will Oettinger erst „in den nächsten Jahren“ einen Vorschlag vorlegen. Er wolle sich bewusst in das Thema „hineintasten“. Ziel müsse sein, im digitalen Zeitalter eine Balance zwischen den Rechten der Urheber und denen der Verbraucher zu finden, sagte der CDU-Politiker. Zugleich unterstrich Oettinger: „Wir müssen den Urheber ausreichend schützen, damit es morgen und übermorgen noch Urheber gibt.“

Von dem durch den neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker angekündigten 300 Milliarden Euro schweren Investitionsprogramm soll nach Angaben Oettingers „ein signifikanter Teil“ in den Ausbau der digitalen Infrastruktur fließen. Zudem sollen kleine und mittlere Unternehmen, allen voran die sogenannten Start-ups, stärker gefördert werden. Zuvor hatte Oettinger bereits angekündigt, im kommenden Jahr die Beratungen über die Neuregelung zum Datenschutz in der EU abschließen zu wollen.

Wie alle anderen designierten Kommissare musste sich Oettinger den Mitgliedern der zuständigen Ausschüsse im EU-Parlament stellen. Das Parlament will voraussichtlich am 22. Oktober abschließend darüber entscheiden, ob es Junckers Kommission in Gänze billigt.

Allerdings leistete sich Oettinger erneut einen Fauxpas. So sagte er zu dem Hackerangriff auf die Cloud, in der US-Prominente mutmaßlich private Nacktbilder abgespeichert haben: „Wenn jemand so blöd ist und als Promi ein Nacktfoto von sich selbst macht und ins Netz stellt, kann der doch nicht von uns erwarten, dass wir ihn schützen. Vor Dummheit kann man die Menschen nur eingeschränkt bewahren.“ Die Betroffenen hatten aber die Bilder gerade nicht ins Internet gestellt.