Fast eine Stunde unterhielten sich der Papst und der US-Präsident bei ihrem ersten Treffen hinter verschlossenen Türen. Sie machten sich gegenseitig Geschenke - und Komplimente.

Rom. Gipfeltreffen im Vatikan: US-Präsident Barack Obama und Papst Franziskus sind am Donnerstag zu ihrer ersten persönlichen Begegnung zusammengekommen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche empfing den amerikanischen Präsidenten zu einer langen Privataudienz im Vatikan. Die beiden Männer begrüßten sich mit einem herzlichen Händedruck, bevor sie sich zu einem Gespräch hinter verschlossenen Türen zurückzogen.

Er sei ein großer Bewunderer (des Papstes), sagte Obama bei der Begrüßung. „Willkommen, Herr Präsident“, antwortete Franziskus. Auch US-Außenminister John Kerry war in der Delegation, die Obama in den Vatikan begleitete. Wegen der Gesundheitsreform und der Debatte über eine Legalisierung von Homo-Lebenspartnerschaften steht Obamas Regierung gegenwärtig in einem Konflikt mit der Kirche in den USA.

Es war jedoch erwartet worden, dass beide sich auf Themen wie soziale Gerechtigkeit, den Kampf gegen Armut und Ausgrenzung sowie die Krisen in Syrien oder der Ukraine konzentrierten. Der Papst wollte auch den Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik anschneiden. Die Audienz dauerte mehr als 50 Minuten, eine beachtliche Länge für ein Gespräch mit dem Papst.

Der Präfekt des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, empfing Obama und begleitet ihn zu Franziskus. Im Vatikan wurden die Sicherheitsvorkehrungen für den Besuch nochmals verstärkt, rund um den Kirchenstaat waren zahlreiche Straßen gesperrt.

Im Anschluss an das Gespräch unter vier Augen in der päpstlichen Privatbibliothek überreichte Obama dem Papst eine Schatulle aus Holz von der ältesten US-amerikanischen Kathedrale in Baltimore mit Samen für die päpstlichen Gärten in Castel Gandolfo.

„Ich werde es vielleicht im Oval Office lesen“

Franziskus revanchierte sich mit einer Ausgabe von „Evangelii gaudium“, seinem ersten Lehrschreiben, in dem er unter anderem Kritik an der globalen Wirtschaftsordnung äußert. „Ich werde es vielleicht im Oval Office lesen, wenn ich tief frustriert bin. Ich bin sicher, es wird mich stärken und mich beruhigen“, sagte Obama. „Das hoffe ich“, antwortete der Papst. Obama bat Franziskus um sein Gebet für ihn und seine Familie.

Obama hatte den Papst zuvor als eine moralische Autorität gewürdigt. Wie er sich mit Barmherzigkeit für die Ärmsten und Verletzlichsten einsetze, habe die Menschen und auch ihn inspiriert, sagte er dem „Corriere della Sera“. Er sei Christ, hatte Obama vor kurzem in einem anderen Interview erklärt.

Der Besuch in Rom ist für Obama nach den politischen Gipfeln in Den Haag und Brüssel die dritte Station seiner Europa-Reise. Nach dem Treffen mit Franziskus kam er mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zusammen. Am Nachmittag standen noch Treffen mit dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano sowie dem neuen Regierungschef Matteo Renzi und ein Besuch des Kolosseums auf dem Programm. Am Freitag reist Obama nach Saudi-Arabien weiter.

Zuletzt hatte Obama den Vatikan am 12. Juli 2009 besucht. Damals traf er mit dem Vorgängerpapst Benedikt XVI. zu einem rund 40-minütigen Gespräch zusammen.