Hamburgs Intendanten, Verlagsleiter und Moderatoren geben sich selbstbewusst – Digitalisierung und Events prägen die Medienzukunft

Hamburg ist nach wie vor die wichtigste Medienstadt. Es brauchte nur einen Blick auf die Gästeliste des Abendblatt-Neujahrsempfang, um diese These zu unterstreichen. Nach Weihnachtspause und gemütlichem Jahresausklang waren die wichtigsten Vernetzer hier unterwegs, die das Fernseh- und Verlagsleben der Stadt entscheidend mitbestimmen – sozusagen das erste große Branchentreffen im neuen Medienjahr. Dass 2014 ein Jahr der Herausforderungen wird, darüber waren sich wohl alle einig. Keiner, der den Plan hatte, sich gemütlich zurückzulehnen und abzuwarten. Aber eben auch keiner, der sich angesichts der Umbruchzeiten mit Kummerfalten auf der Stirn verkroch. NDR-Intendant Lutz Marmor etwa trudelte gut gelaunt aus dem gerade beendeten Urlaub ein. Freute sich auf herausragende NDR-Produktionen wie etwa die Dokumentation „The Voice of Peace“, die diesen Dienstagabend in der ARD gezeigt wird, als Lokalpatriot auf den Kölner Karneval sowie auf alte Bekannte wie Tom Buhrow, ehemals „Tagesthemen“-Moderator und seit einigen Monaten WDR-Intendant.

„Bei aller Sympathie für die Hauptstadt – der ganz große Hype um Berlin ist langsam abgeklungen“, so Buhrow. „Nun rücken andere große Medienstädte wie Hamburg und Köln wieder ins Blickfeld und können auf ihre Stärken aufbauen.“ Der erfahrene Medienmann setzt auf Ergänzung statt Konkurrenz der Medienstandorte. „Gerade die ARD ist ein gutes Beispiel dafür, dass man sich ergänzen kann und so einen umfassenden Blick auf den gesamten feudalistischen Bundesstaat hat.“ Dies hat natürlich auch mit der besonderen Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu tun. Gerade bei privaten bundesweiten Sendern hingegen hat der Zuschauer oft den Eindruck, dass der jeweilige Standort besonders präsent in den Programmen ist.

Dennoch kann eine Stadt nicht einfach im Dornröschenschlaf dahinschlummern und warten, dass Medienunternehmen in ihr sesshaft werden oder bleiben. Es muss schon auch etwas zu berichten geben, etwa im Sport. „Ich hoffe deshalb ganz stark darauf, dass Olympia nach Hamburg kommt“, sagte Sportmoderator Alexander Bommes („Sportschau“, „Sportclub“, „Boxen im Ersten“). „Wie attraktiv eine Stadt für Sportjournalisten ist, hängt auch zum Großteil davon ab, wie stark sie als Sportstadt ist.“ Dabei gehe es aber nicht nur um Großereignisse wie Olympia oder „der Deutschen Lieblingspassivsportart Fußball“, sondern auch um Veranstaltungen wie den Marathon, den Triathlon oder das Fahrradrennen Cyclassics. Ums Fahrrad geht es auch bei Bommes’ Wunsch-Arbeitsalltag in zehn Jahren: „Es wäre so toll, wenn ich mit dem Rad ins Olympia-Studio fahren könnte – eben weil die Spiele in Hamburg stattfinden.“ Aber nicht nur in sportlicher Hinsicht ist es wichtig, die richtigen Events nach Hamburg zu holen. Auch Preisverleihungen leisten ihren Beitrag zum Medienstadt-Image.

Da wäre zum Beispiel der Deutsche Radiopreis, der seit seiner Premiere 2010 jedes Jahr bei einer schicken und medienwirksamen Gala in Hamburg verliehen wird. „Als Privatperson freue ich mich sehr darüber, dass die Auszeichnung hier vergeben wird“ sagte Lena Aden, Moderatorin auf NDR 1 Welle Nord. „Da dadurch bestimmt viele Menschen in Deutschland Radio und Hamburg miteinander verbinden.“

Auch Bernhard Fischer-Appelt, Vorstand der Agentur fischerAppelt, blickt positiv ins neue Medienjahr, das seiner Meinung nach ein wirtschaftlich erfolgreiches wird: „Die Zeichen stehen auf Expansion, es wird sicher noch einige interessante Übernahmen geben“, sagt er. Für die Unternehmen werde die professionalisierte Digitalisierung eine große Rolle spielen, den Verbraucher müsse man künftig noch mehr da abholen, wo er das Internet nutzt. Nämlich zu Hause und auf mobilen Endgeräten.

Die rasante Entwicklung im Netz beobachtet auch Medienunternehmer Frank Otto. Der Kenner der Musikbranche ist sicher, dass Streamingdienste wie Spotify die herkömmlichen CDs, aber auch die digitalen Musikverkäufe über Plattformen wie iTunes weiter verdrängen werden. „Die Leute werden zunehmend daran gewöhnt sein, ihre Musik überall und sofort in Top-Qualität mobil erhalten zu können“, sagt er. „Zudem werden die Musik-Veröffentlichungen weiter steigen, doch richtiges Geld verdienen jene Künstler, die in den Top Ten gelistet sind“, so Otto.

Auch die Vertreter der großen Verlagshäuser werden sich verstärkt den Herausforderungen der digitalen Märkte stellen müssen. Sowohl bei Gruner + Jahr als auch beim „Spiegel“-Verlag hat man damit bereits begonnen. In bester Stimmung erschien das Vorstandstrio von Gruner + Jahr, Julia Jäkel, Stephan Schäfer und Oliver Radtke. Der „Spiegel“ wurde von Geschäftsführer Ove Saffe vertreten. Sowohl für „Stern“ als auch für „Spiegel“ gilt es, einen Spagat zu meistern: Einerseits müssen Print- und Online-Redaktionen noch enger zusammenarbeiten, andererseits muss der Unterschied zwischen dem Heft und dem Online-Auftritt herausgestellt und Unverwechselbarkeit hergestellt werden. Beim „Spiegel“ wird darüber hinaus das Augenmerk darauf liegen, wie positiv sich das neue Layout sowie der vorgezogene Erscheinungstermin (sonnabends statt montags) auswirken werden.

G+J, wiederum muss in den nächsten Monaten unter Beweis stellen, dass die Überführung der zahlreichen Münchner Redakteure von „Neon“ und „Nido“ nach Hamburg ohne erneute groß angelegte Protestaktionen über die Bühne geht. Keine schöne Angelegenheit, hatte Vorstandschefin Julia Jäkel dazu erklärt, aber unumgänglich.

Unvermeidlich war für viele Medienentscheider nach dem Empfang auch eine schnelle Rückkehr an den Schreibtisch. Termine und Aufgaben gibt es genug – das neue Medienjahr hat schließlich gerade erst begonnen.