Eine Erhebung der Bundeszentrale für politische Bildung ergibt: Die Aktivitäten rechtsextremer Gruppen in sozialen Netzwerken nimmt immer weiter zu. Auch die Elbe-Flut machten sich Neonazis online zunutze.

Berlin. Neonazis verbreiten ihre Propaganda immer stärker in sozialen Netzwerken im Internet. Die Zahl rechtsextremer Angebote im Netz sei 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent auf rund 7.000 gestiegen, sagte der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB), Thomas Krüger, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung einer neuen Studie.

2011 seien es noch 3700 in den sozialen Netzwerken erfasste Beiträge gewesen. Statische Szenewebsites gerieten hingegen zunehmend in den Hintergrund. Eher würden rechtsextreme Inhalte in den Social Media verbreitet und seien vor allem für Kinder und Jugendliche nicht ohne weiteres erkennbar, sagte Stefan Glaser von „jugendschutz.net“.

„Facebook und YouTube spielen für die Ansprache von Jugendlichen die wichtigste Rolle“, erläuterte der Extremismus-Experte der Bundeszentrale. Die Rechtsextremen träten dort aber keineswegs mit plumper Propaganda in Erscheinung. Moderne Neonazis präsentierten sich vielmehr als „Menschenfreunde, die sich kümmern und der jungen Generation modische Styles, Action und Events bieten“.

„Man gibt den Kümmerer“

Selbst die Hochwasser-Katastrophe hätten die Rechtsextremen für sich zu nutzen versucht, etwa durch Spendensammlungen. „Man mischt sich unter's Volk, gibt den Kümmerer“, sagte Glaser. Zuweilen gäben sie sogar vor, sich gegen Neonazis zu stellen oder übernähmen das Zeichen der Anti-Nazi-Initiative „Gesicht zeigen“.

Insbesondere mit Anbietern wie Facebook oder Youtube gebe es eine gute Zusammenarbeit, so dass die meisten Hassinhalte gelöscht werden könnten, sagte Glaser. Deswegen wichen die Rechtsextremen häufig auf andere Seiten, wie das russische „vk.com“ aus. Aber auch dieser Anbieter habe rechtsextreme Inhalte gelöscht, nachdem die Bundeszentrale ihn darauf aufmerksam gemacht habe.

Rechtsextremer Propaganda entschieden entgegentreten

Krüger forderte mehr Engagement gegen rechtsextreme Propaganda im Internet. „Wir brauchen Betreiber, die Hassinhalte und Gewaltaufrufe entschieden unterbinden.“ Auch die Netzgemeinde sei hier in der Pflicht. Die User müssten sich „mit Minderheiten solidarisieren, sich gegenseitig unterstützen und Naziparolen mit Argumenten die Stirn bieten“, sagte Krüger. Während auf der Straße häufig gegen Rechtsextremismus demonstriert werde, fehle es „im Internet an der offensiven Auseinandersetzung“. Hier sei nicht nur die Politik gefragt.

Im Netz müsse stärker „Flagge für die Demokratie“ gezeigt werden, sagte Krüger. Dafür müssten auch die schulische und außerschulische Bildung gestärkt werden. „Eine lebendige Demokratie braucht lebendige Demokraten“, sagte Krüger.

Die länderübergreifende Stelle „jugendschutz.net“ wurde 1997 von den Jugendministerien der Bundesländer gegründet, um den Jugendschutz im Internet zu verbessern. Die Einrichtung beobachtet seit dem Jahr 2000 auch die Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts im Netz und entwickelt Gegenstrategien. Seit 2007 wird „jugendschutz.net“ von der Bundeszentrale für politische Bildung unterstützt.