In den USA hat eine Interessenvertretung von Missbrauchsopfern eine Liste mit Kardinälen erstellt, die ihrer Ansicht nach im Pädophilie-Skandal versagt haben. Vatikansprecher reagiert missmutig.

London. Eine Interessenvertretung von Missbrauchsopfern hat Namen von Kardinälen benannt, die ihrer Auffassung nach wegen Versagen im Pädophilie-Skandal nicht Papst werden sollten. Die als „Dreckiges Dutzend“ betitelte Liste schließt auch aussichtsreiche Kandidaten wie den kanadischen Kardinal Marc Ouellet (68) und den Mailänder Kardinal Angelo Scola (71) ein, wie die britische Zeitung „The Times“ (Donnerstag) berichtet. Das US-amerikanische „Netzwerk der Überlebenden von Missbrauch durch Priester“ (SNAP) hatte das Verzeichnis auf der Basis von Medienberichten, gerichtlichen Klagen und Opferaussagen zusammengestellt.

Vatikansprecher Federico Lombardi reagierte laut dem US-Sender CNN mit den Worten, es liege nicht an der Opferorganisation zu bestimmen, wer am Konklave teilnehme und zum Papst gewählt werde. „Die Kardinäle können selbst entscheiden, ohne SNAP um Rat zu fragen.“

„Aktion widerspricht Darstellung der Kirche“

SNAP-Direktor David Clohessy erklärte in einer Stellungnahme, die Aktion widerspreche der Darstellung der Kirchenleitung, dass der Skandal um sexuellen Missbrauch durch Kleriker und dessen Vertuschungskrise vorüber sei. „Tragischerweise liegt das Schlimmste ziemlich sicher noch vor uns“, sagte Clohessy. Seinem Eindruck nach gebe es derzeit kein Kurienmitglied, das wirklich an einer durchgreifenden Aufklärung interessiert sei. Einen solchen Mitarbeiter der Kirchenleitung zum Papst zu wählen, „würde Opfer, Zeugen, Whistleblower und Anwälte von einer Anzeige von Vergehen abschrecken“.

Die Liste der beschuldigten Kardinäle umfasst Kurienkardinal Peter Turkson aus Ghana, den bisherigen Kardinalstaatssekretär Tarsicio Bertone, den Prager Erzbischof Dominik Duka, Erzbischof Norberto Rivera Carrera aus Mexiko, Erzbischof Oscar Rodriguez Maradiaga aus Honduras, den New Yorker Erzbischof Timothy Dolan, den Washingtoner Erzbischof Donald Wuerl, den Bostoner Erzbischof Sean O'Malley, den Mailänder Erzbischof Angelo Scola, Kurienkardinal Leonardo Sandri, Sydneys Erzbischof George Pell und den kanadischen Kurienkardinal Marc Ouellet.