Das ewige Sorgenkind: Zentrales Heim des Kinder- und Jugendnotdienstes an der Feuerbergstraße ist gescheitert

Wer den Wahlkampf in Hamburg beobachtet, muss den Eindruck bekommen, dass Bürgermeister Olaf Scholz und sein seit vier Jahren unveränderter Senat so gut wie keine Angriffsflächen bieten. Ein wenig Busbeschleunigungsprogramm hier, ein wenig Wissenschaftspolitik dort. Aber sonst? Der Opposition fällt es sichtbar schwer, Stimmung gegen die Regierung zu machen und heikle Themen zu identifizieren.

Umso erstaunlicher sei es, schrieben in dieser Woche mehrere Leserinnen und Leser des Hamburger Abendblatts, dass die Situation rund um das Heim an der Feuerbergstraße im Wahlkampf so gut wie keine Rolle spiele. Die zentrale Einrichtung des Kinder- und Jugendnotdienstes in Alsterdorf ist so etwas, wie es die Rote Flora auf der Schanze in den vergangenen Jahren war: Sie sorgte in regelmäßigen Abständen für Schlagzeilen, schien weder vom schwarz-grünen noch vom rein roten Senat beherrschbar.

Wer in den Archiven oder im Internet nach der Feuerbergstraße sucht, findet Geschichten oder Nachrichten von Schlägereien, Messerangriffen, Einbrüchen, entführten Kindern, und, und, und. Die Lage hatte sich in den vergangenen Monaten durch einige minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge verschärft, von denen sich die Anwohner rund um das Heim bedroht bis tyrannisiert fühlten und fühlen. Am Alsterdorfer Markt, der in der Nachbarschaft liegt, patrouilliert bei Einbruch der Dämmerung seit Längerem ein privater Sicherheitsdienst zum Schutz der dortigen Geschäfte und ihrer Kunden. In der Gartenstadt, einem hochwertigen, schönen Wohngebiet, das von der Feuerbergstraße zu Fuß in wenigen Minuten zu erreichen ist, häufen sich die Klagen über Diebstähle und Einbrüche. Und schließlich gibt es immer mehr Mütter und junge Frauen, die sich in den Abendstunden nicht mehr trauen, an der U-Bahn-Station Sengelmannstraße auszusteigen. Aus Angst, dort in das Visier jener Heimbewohner zu geraten, die selbst die Polizei als schwer beherrsch- und kontrollierbar einstuft.

Wie gesagt: All das sind keine neuen Probleme, die Feuerbergstraße ist ein Sorgenkind mit langer Geschichte, und die Zuspitzung der Situation deutete sich mindestens seit einigen Monaten an. Trotzdem regierte der Senat hier nicht so „ordentlich“ wie an anderen Stellen der Stadt und griff erst jetzt, zu spät, ein. 20 der schwierigsten Heimbewohner sollen demnächst in eine andere Unterkunft, das in einem Industriegebiet liegt, verlegt werden. Außerdem kündigte Olaf Scholz kurz vor der Bürgerschaftswahl an, dass Hamburg wieder ein geschlossenes Heim einrichten werde. Wann und wo, steht noch nicht fest. Und man muss sich fragen, ob das reicht.

Die Schwierigkeiten, die die Stadt so lange mit der Feuerbergstraße hat, lassen sich in Wahrheit nur auf einem Weg lösen: indem man dieses Heim schließt. Beweise, dass die Einrichtung, aus welchen Gründen auch immer, nicht funktioniert, hat es in der Vergangenheit mehr als genug gegeben. Die Adresse ist belastet, die Situation im Heim für die Mehrzahl jener Jugendlicher, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen, kaum zumutbar, abschreckend und gefährlich. Selbst ein Wechsel innerhalb des Stadtteils wäre besser, als so weiterzumachen wie bisher.

Mag sein, dass die Feuerbergstraße früher einmal wie ein idealer Platz für solch ein Heim gewirkt hat, am Rand der City Nord und – kurioserweise – nur wenige Hundert Meter Luftlinie vom Polizeipräsidium (!) entfernt. Jetzt ist es Zeit für einen Neuanfang, von dem alle Beteiligten etwas haben, die Anwohner genauso wie die Geschäftsleute am Alsterdorfer Markt, die Stiftung und ihre Einrichtungen, die Mitarbeiter des Heims – und natürlich die jungen Bewohner selbst.

Was hätte man daraus für ein Wahlkampfthema machen können ...