Unternehmen, die um des kurzfristigen Gewinns willen ihre Arbeitnehmer dem Armutsrisiko aussetzen, gefährden ihre Zukunftsfähigkeit

Wir leben in einer Zeit, in der soziale Standards, Löhne und Arbeitsbedingungen zur Disposition gestellt werden, um Profite der Unternehmen zu steigern. Die Verheißungen der Unternehmensberater zur Gewinnsteigerung durch Kostensenkungen locken wie kein anderes Mittel. Sie wirken direkt auf das Suchtzentrum des Managements und spiegeln sich in den Bonussystemen für Manager wider.

Es ist ein Wettbewerb des Unterbietens durch Kürzung bei Personal und gesicherter Beschäftigung entstanden. Ein System, das genau dieses Verhalten fördert und fordert, hat extreme Folgen für unser Land.

Es ist an der Zeit, die Chancen eines veränderten Handelns zu erkennen und zu nutzen. Das aktuelle Bild zeichnet sich noch anders: Das Rationalisieren des Mittelbaus in den Betrieben und das Drücken der Löhne durch Zergliederung der Arbeit schafft Armut trotz Arbeit. Aus Beschäftigten werden Werkvertragsinhaber, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben können, und die Statistiken erfreuen sich einer scheinbar zunehmenden Vitalität des Arbeitsmarktes. Ein Dumping des Mindestlohns hat auf diese Weise begonnen, um Risiko und Kosten des Unternehmers auf die Arbeitnehmer zu verlagern. Sozialversicherung wird zum Luxus.

Diese Maßnahmen entbehren der Sicht auf den Menschen und sind ökonomisch gefährlich. Sie manipulieren den Blick auf Kosten, Risiken und tatsächlich gesicherter Beschäftigung. Einer kurzfristigen Gewinnsteigerung steht als Nebenwirkung eine sinkende Bindungswirkung an fähigem Personal und damit der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens entgegen.

Ein weiteres Bespiel: Das Einrichten der in der Hamburger Wirtschaft durchschnittlichen Zahl von über zwölf Prozent befristeter Stellen im Unternehmen schafft eine gefügige Beschäftigtengruppe, die – da sie Angst hat, keine Verlängerung des Arbeitsvertrages zu erhalten – keine Ansprüche stellt. Das Gesetz hilft dabei! Der erste Arbeitsmarkt sollte mit unbegründet befristeten Arbeitsverträgen gefördert werden. Diese Idee der Politik ist gescheitert. In Hamburg sind 42.000 Arbeitsplätze mit Befristungen ohne jeden Sachgrund auf diese Weise ein Mittel zum Zweck. Die Folge für die Beschäftigten ist eine hohe Lebensunsicherheit und ein hohes finanzielles Risiko. Die Frage muss erlaubt sein: Rechtfertigt unternehmerischer Erfolg jedes Mittel? Dürfen wir eine daraus folgende Altersarmut als einen Effekt hinnehmen, der aus dem unbedingten Streben nach mehr Gewinn erwächst? Lohnarmut schafft Altersarmut!

In der sozialen Marktwirtschaft muss die Antwort Nein lauten! Zudem: Die Bindung von Beschäftigten an das Unternehmen ist eine Frage des Überlebens im Markt. Beschäftigte sind Kunden im Arbeitsmarkt und vergleichen Arbeitgeber zunehmend nach sozialen Arbeitsbedingungen. Die wertschätzende und würdevolle Versorgung in der Rentenphase ist eine Verpflichtung des Staates und gleichermaßen der Wirtschaft gegenüber den Menschen.

Wir werden alle älter – das ist gut so! Der Markt dreht sich, und Unternehmen müssen erkennen, dass sie sich um gute Facharbeiter bemühen müssen. Die geburtenschwachen Jahrgänge sind in der Wirtschaft angekommen. Allein der Einsatz von mehr IT löst die Herausforderung der älter werdenden Belegschaften nicht.

Es braucht Investition in Ausbildung und Fortbildung. Es braucht intelligente Konzepte des Wissenstransfers und angepasste Formen der Arbeitserbringung. Soziale Rahmenbedingungen der Arbeit und die Absicherung für das Alter spielen bei der Wahl des Arbeitgebers eine zunehmend wichtige Rolle. Einen Facharbeitermangel zu beklagen, der durch eigenes Handeln befördert wird, ist unlauter. Ausbildung und Zukunftsperspektive müssen wieder eine Investition aller Unternehmen werden. Es braucht dringend ein Umdenken in den Unternehmensführungen und den Mut, jetzt mehr SOZIAL zu wagen, um zukunftsfähig zu sein. Dies gilt für die Wirtschaft und auch die Politik.