Ein E-Mail-Wechsel von Abendblatt und „Cicero“

Christoph Schwennicke, Chefredakteur des Magazins „Cicero“, und Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend veröffentlichen.

Lars Haider: Lieber Christoph, alle sprechen über Pegida und wie gefährlich die Bewegung der (vermeintlichen) Bürgerlichen für Deutschland beziehungsweise mindestens für das Ansehen Deutschlands ist. Wie siehst Du das, wie alarmiert ist die Berliner Politik?

Christoph Schwennicke: Das Ansehen Deutschlands nimmt nun nicht gleich irreparablen Schaden, wenn in Dresden 15.000 Leute auf die Straße gehen gegen – ja, wogegen eigentlich? Gegen eine Angst vor etwas, das es ausgerechnet in Dresden gar nicht gibt? Das Fremde? Die Politik ist weniger alarmiert als eher ratlos. Ächten führt zur Bestätigung des Gefühls: Die blenden uns und unsere Sorgen aus. Auf sie als Ganzes zugehen heißt aber auch, sich mit einer zum Teil außerhalb des demokratischen Spektrums agierenden Klientel einzulassen. Ein echtes Dilemma.

Haider: Ja, es ist verrückt, dass die Angst vor Überfremdung ausgerechnet in einem Bundesland laut wird, das damit im Vergleich kaum Probleme hat. Auch deshalb finde ich, dass wir es alle, Medien wie Politik, mit der Aufmerksamkeit für Pegida nicht übertreiben sollten. Wir neigen dazu, aus kleinen Stücken große Dramen zu machen …

Schwennicke: Du hast recht. Und doch reden wir zwei drüber. Wie jede verdammte Talkshow der letzten zwei Wochen. Lass uns ausscheren aus den vermeintlichen Zwängen unserer Branche: Dein Favorit Scholz schwächelt plötzlich kurz vor der Wahl, oder täuscht mich da was?

Haider: Na ja, er liegt in Umfragen bei 43 bis 45 Prozent ... Was meinst du, wie viele Bundespolitiker Scholz zum Wahlkampf nach Hamburg holt?

Schwennicke: Die werden ankarren, was geht. Scholz ist im Moment der sozialdemokratische Leuchtturm an der Elbmündung.

Haider: Von wegen: Nur einer kommt, ganz am Ende, der Sigmar Gabriel. Ansonsten macht Scholz den Wahlkampf allein.

Schwennicke: Oaaah, das ist ja schäbig. Und töricht obendrein. Oder will Scholz seine Genossen gar nicht bei sich haben? Das gibt’s ja auch manchmal, dass man sich einen Besuch verbittet, weil er eher schadet als nutzt.