Der Großraumjet kann immer noch zum Erfolg werden – aber nur mit modernisierter Technik

So mancher Hamburger, der zu Anfang des vergangenen Jahrzehnts gegen den Ausbau des Airbus-Werksgeländes in das Mühlenberger Loch hinein protestiert hat, mag sich jetzt im Nachhinein bestätigt fühlen. Denn bedeuten die Gedankenspiele des Konzerns um ein vorzeitiges Ende der Produktion des Megajets A380 nicht, dass die Entscheidung für dieses ehrgeizige Projekt eben doch falsch war – und die Werkserweiterung damit überflüssig? Und hatte nicht der damalige Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) die Investitionen der Stadt von rund 700 Millionen Euro mit dem Argument gerechtfertigt, der A380 sei „für das Wohl Hamburgs von herausragender Bedeutung“? Waren also auch die jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Anwohnern und Umweltschützern wegen der Aufschüttung von 140 Hektar Baugrund in der Elbe und die Verlängerung der Startbahn letztlich unnötig?

Die Antwort lautet: Die Werkserweiterung musste kommen, die Entscheidung war richtig. Denn auch Rostock stand damals als Standort für Produktionsanteile am A380 zur Diskussion. Hätte man sich in Hamburg nicht entschlossen, das Werk auf Finkenwerder auszubauen, dann hätte der Standort an der Elbe im Konzern mit hoher Wahrscheinlichkeit an Gewicht verloren. Auch bei späteren Investitionsentscheidungen zu anderen Projekten wäre er dann wohl häufiger übergangen worden.

Dabei sprechen die Zahlen für sich: Im Jahr 1999 war Airbus mit 7000 Beschäftigten der sechstgrößte Arbeitgeber in Hamburg. Heute steht das Unternehmen mit 12.700 Festangestellten an erster Stelle. Hinzu kommen in diesem Zeitraum Tausende von zusätzlichen Arbeitsplätzen bei Luftfahrtzulieferern.

Und ganz abgesehen von diesen Zahlen: Selbst wenn das Extremszenario einer Produktionseinstellung des A380 Realität werden sollte, fielen die mit diesem Projekt verbundenen Arbeitsplätze in Hamburg wohl nicht einfach ersatzlos komplett weg. Vieles spricht dafür, dass dann ein anderes großes Langstreckenflugzeug entwickelt und gebaut würde – ein Jet, der sich besser verkaufen lässt.

Denn eines lässt sich nicht übersehen: Airbus hat den Markt lange Zeit falsch eingeschätzt. Zwar klang das Argument, mit dem man den A380 vermarktet, eigentlich sehr überzeugend: Weil immer mehr Flughäfen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, müsse ein Jet her, der mit einem Start so viele Passagiere befördern kann wie zwei Maschinen anderer Typen. Doch dieses Verkaufsargument hat bisher nicht so viele Kunden überzeugt wie angenommen. So erwartete Airbus für den Zeitraum vom Jahr 2000 bis 2019 einen Bedarf von gut 1200 Flugzeugen der Größenklasse, in der nur der A380 und der Boeing-Jumbo 747 gegeneinander antreten. Tatsächlich sind von 2000 bis heute nur gut 400 Maschinen dieser beiden Typen ausgeliefert worden.

Für einen der Faktoren, die die Verkaufszahlen der beiden Konkurrenzmodelle niedrig gehalten haben, sind Airbus und Boeing sogar selbst verantwortlich: Beide bringen immer größere zweistrahlige Jets, die mittlerweile in der Wirtschaftlichkeit an die Luftgiganten heranreichen oder sie gar übertreffen, auf den Markt.

Daher wird Airbus nicht daran vorbeikommen, den A380 zu modernisieren, wenn er wettbewerbsfähig bleiben soll. Das dürfte allerdings weitere Entwicklungskosten von bis zu zwei Milliarden Euro erfordern. Sollten für Tom Enders, Chef des Airbus-Mutterkonzerns, die kurzfristigen Renditewünsche der Aktionäre an erster Stelle stehen, dann droht dem Flaggschiff tatsächlich das Aus. Doch die Luftfahrtindustrie erfordert langfristiges Denken. Wenn sich das Airbus-Management darauf besinnt, kann der A380 ein ebenso großer wirtschaftlicher Erfolg werden, wie es die Boeing 747 war.