Vereine wie Augsburg, Freiburg oder Mainz weisen den Hamburgern den Weg: Junge und willige Fußballer müssen her

Eine Woche lang durften die HSV-Fans nun den 2:0-Sieg über die Abstiegskonkurrenz aus Bremen auskosten. Und das wurde reichlich getan, in Hamburg genießen sie diesen Erfolg noch heute. Und morgen? Da findet das schwere Auswärtsspiel in Augsburg statt. Schwer? Jawohl, schwer. Und für den HSV gibt es in dieser Phase ja auch absolut kein einziges leichtes Spiel mehr. Alle sind schwer. Und gegen Augsburg hat der HSV in sechs Vergleichen bislang nur einmal gewonnen.

Nach der Partie gegen Werder traf ich im Stadion Horst Schnoor, die HSV-Torhüterlegende. Der feierte den „Dreier“ gegen Werder eher verhalten. Und sagte zum Schluss unseres kurzen Treffens: „Wir haben ja gerade die Zeit der Bambis. Hier ein Bambi, dort ein Bambi, und dann noch einen für das Lebenswerk. Für mich würden Vereine wie Augsburg, Freiburg und Mainz auch schon längst einen Bambi bekommen haben.“ Auf die Frage wieso, antwortete der Meister-Keeper von 1960: „Diese Clubs verlieren Jahr für Jahr ihre besten Spieler, aber die marschieren, als wäre nichts passiert. Und sie arbeiten emsig, denn es gelingt ihnen immer und immer wieder, eine Mannschaft auf die Beine zu stellen, die läuft, die kämpft, die beißt – die in der Bundesliga bestehen kann. Das ist in meinen Augen eine hervorragende und ganz besondere Leistung, die gar nicht hoch genug zu bewerten ist.“

Was Horst Schnoor nicht aussprach, aber vielleicht dachte: „Daran sollte sich der HSV mal ein Beispiel nehmen.“ Wäre nicht schlecht. Während der HSV in dieser Saison wieder nur unten herumkrebsen und gegen den Sturz in Liga zwei kämpfen wird, werden sich die auch an der Elbe oftmals nur milde belächelten Außenseiter, die No-name-Truppen der Liga, wohl wieder schadlos und aus dem Abstiegskampf heraushalten (können). Vielleicht auch deshalb, und wirklich nur vielleicht, weil die Spieler in Augsburg, in Freiburg und in Mainz nicht ganz so viel „gepampert“ werden wie in der Weltstadt Hamburg. Hier ist jeder HSV-Profi ein Star – na klar. Und so spielt er dann auch...

„Im letzten Drittel des Spielfeldes, im Spiel nach vorne, haben wir noch keine Lösungen gefunden“, hatte Heiko Westermann nach dem 2:0 gegen Bremen in einem Interview mit dem NDR2-Fernsehen bekannt. Eine wunderbare Erkenntnis! Und eine nicht ganz unwesentliche dazu. Ein „HW4“-Satz zum Dahinschmelzen. Den könnte sich jeder Mitspieler und auch Fan ruhig mal auf der Zunge zergehen lassen. Er trifft nämlich haargenau. Wobei eine kleine Ergänzung vielleicht doch erlaubt ist: Auch im ersten Drittel des Spielfeldes hapert es schon. Mitunter sogar gewaltig. Da wird dann eben jeder dritte Ball brutal zum Torwart zurückgeschoben. Stichwort moderne Arbeitsverlagerung. Somit wird das schwierige Thema Spielaufbau nach quälenden Sekunden oder gar Minuten kurzerhand in die Füße des Keepers gelegt – erledigt. Weil die fußballerischen Mittel und die Bewegung fehlen.

Die oft hadernden und skeptischen HSV-Fans sollten sich aber trotz allem schon mal freuen. Im nächsten Sommer wird „Augsburg, Freiburg und Mainz“ in Hamburg stattfinden. Es laufen beim HSV etliche Verträge aus. Auch von Stars, die unbeirrt jenen Traum leben, dass sie immer noch eine Hauptrolle im ganz großen Fußball spielen. Dann müssen neue Leute her. Die Chance für den Club, junge und willige Spieler zu finden, die auch oder genau ins Schema von Augsburg, oder Freiburg, oder Mainz, passen würden. Und das Gute daran ist, dass der HSV mit Joe Zinnbauer schon den passenden Trainer unter Vertrag hat. Einen erfolgshungrigen, unverbrauchten Coach, wie ihn Augsburg, Freiburg und Mainz schon haben.

Wie schwer es dann werden könnte, gegen den auf dem Rasen runderneuerten und „heißen“ HSV zu spielen, davon können sich die Rothosen morgen schon mal selbst überzeugen – wenn es 90 Minuten lang gegen den unbequemen Angstgegner um Bundesliga-Punkte geht. Gegen einen FC Augsburg, der längst den „Bambi für außergewöhnliche Leistungen“ verdient hätte.

Die HSV-Kolumne „Matz ab“ finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab