Hamburgs Industrie leidet unter der Konjunkturschwäche

Wenn Hamburgs Industrieverband aufgrund der konjunkturellen Schwäche der Wirtschaft einen Dämpfer bei Neuinvestitionen seiner Betriebe vorhersagt, so ist das mit Sorge zu betrachten. Es zeigt zum einen, dass nach drei Jahren mit Rekordinvestitionen die hohe Zuversicht nun auch bei der Hamburger Industrie schwindet. Zum anderen passt die Prognose nur zu gut in das negative Bild, das Deutschland in dieser Frage insgesamt abgibt.

Die Bundesrepublik ist unbestritten die größte Volkswirtschaft in der Europäischen Union und das wirtschaftliche Zugpferd der Euro-Zone. Betrachtet man allerdings die Investitionsfreude, passt eher der Vergleich mit einem lahmen Gaul. Deutschland hat eine der niedrigsten Investitionsquoten weltweit. Sie liegt unter dem EU-Durchschnitt und weit hinter Ländern wie Spanien, Österreich oder Belgien.

Nun wäre es einfach, mit dem Finger auf die Industrieunternehmen zu zeigen, damit sie mehr Geld aus ihrem erwirtschafteten Vermögen in die Anschaffung neuer Produktionsanlagen oder neuer Arbeitsplätze investieren. Es wäre aber zu einfach. Wie soll ein Orchester das Tempo erhöhen, wenn dem Dirigenten das Taktgefühl fehlt?

Anders gesagt: Der Staat ist nicht gerade mit gutem Beispiel vorangegangen. Es war sicherlich richtig, dass die Bundesregierung der Konsolidierung des öffentlichen Haushalts Priorität eingeräumt hat. Noch besser wäre es gewesen, den Staatskonsum zu kürzen und nicht die öffentlichen Investitionen. Zudem muss die Bundesregierung bessere Rahmenbedingungen für mehr Investitionsfreude bei der Wirtschaft schaffen. Das ist allerdings nicht erkennbar. Eingriffe in Zeitarbeit, Werksverträge und die Einführung des Mindestlohns seien nur am Rande erwähnt.

Der Vorsitzende des Industrieverbands Hamburg, Michael Westhagemann, sagt zur zunehmenden Investitionsschwäche: „Wichtigste Aufgabe unserer Wirtschaftspolitik ist es jetzt, die Wachstumskräfte zu stärken.“ Das ist keine Empfehlung. Das ist ein Hilferuf. Berlin sollte ihn beherzigen.