Ein E-Mail-Wechsel von Abendblatt und „Cicero“

Christoph Schwennicke, Chefredakteur des Magazins „Cicero“, und Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend veröffentlichen.

Lars Haider: Lieber Christoph, ich fand Sigmar Gabriel rhetorisch schon immer gut, aber wie er die Greenpeace-Aktivisten ausgekontert hat, hätte einen Kleinkunstpreis verdient. Der Wirtschaftsminister ist schlau und witzig, was fehlt ihm noch zum nächsten SPD-Kanzlerkandidaten?

Christoph Schwennicke: Nichts. Oder doch! Eine Diät.

Haider: :-) Es hieß doch immer, er sei unberechenbar und könnte auch sehr scharf und böse werden.

Schwennicke: Kann er auch. Aber er hat sich bei Angela Merkel viel abgeschaut, was die Selbstbeherrschung anlangt. Und wenn er seine cholerische Energie kanalisiert und kontrolliert einsetzt, dann kommen so glänzende Auftritte heraus wie der mit den Greenpeace-Leuten. Rückfälle sind jedoch nicht ausgeschlossen. Er ist und bleibt ein Sanguiniker.

Haider: Aber einer, mit dem man viel Spaß haben kann. Vor wem in der SPD muss er denn Angst haben? Ich kenne da einen norddeutschen Politiker, der sich anschickt, zum zweiten Mal eine Wahl mit großer (absoluter?) Mehrheit zu gewinnen...

Schwennicke: Olaf Scholz ist die inoffizielle Nummer zwei in der SPD. Weil er Erfolg hat in Hamburg. Und wie. Aber erstens: Die Nummer eins ist Gabriel. Und zweitens: Scholz war auch schon mal der Scholzomat, der er im Grunde auch immer geblieben ist, wie man zuletzt beim Spiegelfest bei seiner Rede erleben konnte. Gabriel hingegen ist ein begnadeter Wahlkämpfer.

Haider: Täusch Dich nicht: Scholz hat sich in den vier Jahren als Bürgermeister verändert, ist in Hamburg nicht nur respektiert, sondern inzwischen auch beliebt. Den Scholzomaten erleben wir hier zumindest nicht mehr.