Zwei Jahre suchen für eine Woche vor Ort, das ist eine ziemlich lange Vorbereitungszeit. Aber was der NDR kürzlich zeigte, hat mit normalen Recherchemaßstäben auch nicht allzu viel zu tun. Für die „7 Tage“-Reihe, die den Reportern Einblicke in mehr oder weniger alltägliche Welten bietet, öffneten sich die Türen der Studentenverbindung Corps Lusatia Leipzig.

Pflichtschlagend sind die Herren Burschenschafter dort (Frauen werden zum Essen und für Tanzstunden eingeladen), und sehr traditionsbewusst sind sie auch. Die meisten sind sehr brav gescheitelt, tragen Hemden mit eingesticktem Polospieler und dazu Bootsschuhe. Eine Uniform, die den meisten von ihnen gar nicht mehr auffällt. Für die Neulinge in dieser sonderbar aus der Zeit gefallenen Jungmännerwelt mit seinen mehrfarbigen Pflichtbauchbinden gibt es Unterricht in Wappenkunde und generellem Benimm („Kannst du mal dein Band richten...?“, wird einer angepfiffen), und noch regelmäßiger geht es zum Klingenkreuzen auf den Paukboden. Scharfe Mensur, die klassische Mutprobe. Ansonsten wird viel gesungen, regelmäßig getrunken und mit großer Ernsthaftigkeit den selbst auferlegten Regeln gehorcht. Und im Verbindungshaus keine Hemden ohne Kragen, was so urdeutsch klingt wie der gusseiserne Gemütlichkeitsbefehl „draußen nur Kännchen“.

Wie nicht anders zu erwarten bei einer so geschlossenen Gesellschaft wie einer Burschenschaft, hat sich keines jener Studenten-Corps zur Verfügung gestellt, das mit strammen Rechtsaußen-Tendenzen in Verbindung steht. Deren Werbespots sehen ganz anders aus. Die Jungs hier geben sich liberal, „alles, was extremistisch ist – raus“, heißt es beim sommerlichen Grillen im Villengarten. Sensationen sind nicht mitzuerleben, investigative Enthüllungen finden nicht statt. Beim Fechten fließt kein Blut, die Spinnweben bleiben auf den Bierhumpen in den Regalen. Die Sonne scheint, es ist Sommer. Aber dann bricht die Fassade doch noch: Einer von ihnen wird beim Klavierspiel gefilmt, er sei hier, weil er das Abi nur mit Zwei gemacht habe. Weil er stinkend faul gewesen sei. „Traditionen geben einem mehr Kraft und Halt.“ Zum Abspann des Films sieht man ihn wieder spielen. Es wirkt fast wie eine Szene aus einem Jugendknastfilm.

An dieser Stelle schreiben Joachim Mischke und Alexander Josefowicz im wöchentlichen Wechsel über die Welt des Fernsehens.