Kleine Gewerkschaften wie die GDL haben zu viel Macht

Alle schimpfen, doch hat der für dieses Wochenende geplante Streik der Lokführer auch sein Gutes: Zeigt er auch dem wohlmeinenden Arbeitnehmerfreund, dass eine machtversessene Minigewerkschaft mit einem sich selbst überschätzenden Vorsitzenden tatsächlich versucht, eine Nation in Geiselhaft zu nehmen. Damit liefern die Funktionäre um Claus Weselsky Regierung und Bundestag selbst das beste Argument, mittels Gesetz zur Tarifeinheit die Macht der Spartengewerkschaften zu beschneiden.

Ein Streik gleich an zwei Tagen ist eine Unverschämtheit, um es deutlich zu sagen. Nicht weil die geforderte Tariferhöhung von fünf Prozent unangemessen wäre. Vergangene Abschlüsse zeigen, dass solche Ansinnen gern zu einem Plus von drei, dreieinhalb Prozent führen. Für Arbeitnehmer im Schichtdienst mit einem Einkommen in den ersten Berufsjahren von rund 2500 Euro brutto und der Verantwortung eines Lokführers ist das keine unangemessene Forderung. Aber es scheint Weselsky gar nicht um ein paar Prozentpunkte mehr oder weniger zu gehen – sondern darum, mit großer Aggressivität die eigene Zuständigkeit auf andere Bahnbeschäftigte auszudehnen. Das hat mit dem üblichen Tarifstreit nichts mehr zu tun. Für die Ausweitung des eigenen Machtbereichs Hunderttausende Fahrgäste leiden zu lassen – das ist die Unverschämtheit.

Der Termin ist bewusst gewählt. Nur wenige Tage nach dem Streik vom Mittwoch sollte er wirken wie eine zeitnahe Rache der GDL an der Taktik der Bahn, mit Notfahrplänen zumindest einen Teil des Verkehrs aufrechtzuerhalten. Vor allem aber sollte dieser Termin Massen treffen. Selten im Jahr sind so viele Fahrgäste mit der Bahn unterwegs wie an einem Wochenende in den Herbstferien. Hunderttausende Familien, die einfach nur ein paar Tage ausspannen wollten, sollten leiden, damit ein Gewerkschaftsfunktionär seinen übersteigerten Geltungsdrang ausleben kann.

Ausgerechnet am Freitag, zeitnah zur Streikandrohung der GDL, kündigte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles den Gesetzentwurf zur Tarifeinheit an. Offensichtlich trägt die GDL zur eigenen Entmachtung bei.