Zu viel Schärfe tut der Debatte um die Schulpolitik nicht gut

Die Schulpolitik ist ein Biotop, auf dem die unterschiedlichsten Meinungen gedeihen, oft gedüngt von einem großen Schuss Ideologie. Die Anhänger des Gymnasiums machten erbittert Front gegen die Primarschule; Fans der „Schule für alle“ streiten mit Verfechtern des gegliederten Schulsystems. Es geht für oder wider Noten in der Grundschule, um Inklusion, und selbst das Erlernen von Schreibschrift wird zum Politikum – gegenseitige Verunglimpfungen inklusive.

Auch die Diskussion um eine Rückkehr zur neunjährigen Schulzeit an Gymnasien hat in den vergangenen Monaten erheblich an Schärfe gewonnen. Wenn die Beteiligten, allen voran das Elternbündnis „G9-Jetzt-HH“ und die seinerzeit neu gegründete Gegeninitiative mit dem schönen Namen „Schulfrieden“, um den besten Weg für Schüler und Schulen ringen, dann ist das gut. Immer häufiger aber wird die Auseinandersetzung persönlich, verletzend, manchmal sogar ehrabschneidend. Vielerorts sehen sich die G9-Vorkämpfer heftigen Angriffen ausgesetzt. Als sei es nicht legitim, Kindern auch am Gymnasium mehr Zeit zum Lernen geben zu wollen – oder eben nicht. Die Gegner haben der G9-Volksinitiative relativ unverblümt den Kampf angesagt. Das G9-Elternbündnis um Mareile Kirsch hingegen fühlt sich schon angegriffen, wenn man ihren Argumenten nicht folgt. Warum kann man nicht unterschiedlicher Meinung sein – und sich trotzdem gegenseitig die besten Absichten unterstellen? Viel spricht für mehr Muße beim Lernen. Neunjährige Gymnasien brächten allerdings die Stadtteilschulen in Gefahr, mit Folgen für das ganze Schulsystem. Das gilt es abzuwägen. Aber bitte mit Respekt!

Für die Schulleitungen, die mehrheitlich wenig von einer Rückkehr zu G9 halten und einen jahrelangen Reformprozess fürchten, ist es vermutlich nicht leicht, mit anzuschauen, wie direkt vor ihrem Fenster Unterschriften für genau dieses Anliegen gesammelt werden. Hinnehmen müssen sie es gleichwohl. Denn es ist die Verfassung, die das Volksbegehren und die Rechte seiner Initiatoren schützt.

Tief durchatmen, sachlich bleiben, möchte man den Streithähnen empfehlen. Auf beiden Seiten.