Rund 4000 Plätze werden bis Jahresende benötigt – nach vorsichtiger Schätzung.

Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) ist ein Routinier des politischen Geschäfts. Er weiß genau, wann es erforderlich ist, den Mund zu spitzen, um auf Probleme aufmerksam zu machen, die ihm selbst gefährlich werden können. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand, fest angelehnt“, hat Scheele gesagt und meinte damit die dramatischen Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt. Rund 4000 Plätze werden bis Jahresende benötigt – nach vorsichtiger Schätzung.

Das war ein auch bundesweit gehörter Paukenschlag – aber schon im Juni. Was ist seitdem geschehen? Nicht viel. Noch immer fehlt ein klarer Plan, wo die Menschen Obdach finden können. Schon damals hatte Scheele, der im Senat für die Unterbringung der Flüchtlinge im Anschluss an die dreimonatige Phase der Erstaufnahme zuständig ist, nicht ausgeschlossen, aus Not eventuell auf die wenig geschätzten Wohnschiffe zurückgreifen zu müssen.

Endlich liegen jetzt fünf Vorschläge der Hamburg Port Authority (HPA) für Liegeplätze im Hafen vor, an denen die Schiffe vertäut werden könnten. Es wird angesichts des immensen Platzbedarfs wohl unvermeidbar sein, mindestens ein Wohnschiff anzumieten. Die Lage in den Einrichtungen zur Erstaufnahme ist wahrlich prekär, zum Teil mussten Familien in Zelten übernachten.

Wichtig ist, dass der Senat die Fehler vermeidet, die vor 20 Jahren begangen wurden, als in Altona zum ersten Mal Flüchtlinge auf Wohnschiffen untergebracht wurden. Wenn Menschen auf sehr engem Raum zusammenleben, muss zum Beispiel auf unterschiedliche Kulturen und Religionen bei der Belegung besonders Rücksicht genommen werden.

Scheele muss jetzt sehr schnell für eine Entscheidung sorgen. Dabei ist klar, dass das kein Alleingang des Senators sein kann. Bezirke und Anwohner müssen einbezogen werden.

Es ist wahr, Menschen flüchten aus sehr unterschiedlichen Gründen, auch aus wirtschaftlichen, nach Deutschland. Sehr viele kommen aber gerade jetzt aus Angst vor Krieg und Verfolgung. Angesichts der aktuellen Lage im Nahen und Mittleren Osten darf uns das Schicksal der Menschen, die auf der Flucht sind, nicht egal sein.