Der Hamburger Senat hätte klares Signal für die Stärkung des Wissenschaftsstandorts setzen müssen.

Kluge Köpfe sind das Kapital der Zukunft. Wie entscheidend leistungsstarke Hochschulen für die Zukunftsfähigkeit einer Region sind, wie sehr eine innovative Forschungslandschaft auch Firmenansiedlungen befördern kann und der Wirtschaft Impulse gibt, hat der Süden Deutschlands längst begriffen. Hamburg ist davon weit entfernt. Um die Stadt zu einem Wissenschaftsstandort zu machen, der der Bedeutung der Metropolregion entspricht, wäre zweierlei bitter nötig: eine einvernehmliche Strategie für die Entwicklung der Hochschulen und mehr Geld.

Mit ihrem Strategiepapier erleidet Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) gerade Schiffbruch, Universitätspräsident Dieter Lenzen hat es in dieser Woche in der Luft zerrissen. Und mehr Geld werden die chronisch unterfinanzierten Hochschulen nicht erhalten. Die Chance dazu hat der SPD-Senat jetzt spektakulär vertan. Es ist kaum zu fassen: Seit Monaten streitet Hamburg darüber, wie die Hochschulen im internationalen Wettbewerb gestärkt werden können. Und da kommt der Bund und entlastet die Hansestadt um 30 Millionen Euro von BAföG-Zahlungen, mit der ausdrücklichen Auflage, sie in die Bildung, insbesondere die Hochschulen zu stecken. Eine exzellente Gelegenheit also, deren Finanzlücke zu schließen. Doch was bekommt die Wissenschaft von den Millionen? Keinen Cent.

Die Hochschulen sind zu Recht enttäuscht. Laut Stifterverband gibt die Hansestadt 8899 Euro für jeden Studenten aus, in Bayern und Baden-Württemberg hingegen sind es gut 10.400 Euro, in Niedersachsen sogar 11.800 Euro. Und weil die Erhöhung der Hochschuletats nicht ausreicht, um die Tarif- und Preissteigerungen auszugleichen, müssen die Einrichtungen in den kommenden Jahren Zug um Zug Stellen, Angebote und Institute abbauen müssen. Die BAföG-Millionen hätten ihre Not gelindert.

Sie den Hochschulen nicht zu geben ist aber auch in taktischer Hinsicht unklug – was verwunderlich ist, schließlich ist Bürgermeister Olaf Scholz eigentlich ein ausgebuffter Politstratege. Für ihn hätte sich die Möglichkeit geboten, den Streit mit den Hochschulen beizulegen und zugleich im Wahlkampf eine offene politische Flanke zu schließen mit einem klaren Signal: Die SPD tut etwas für den Wissenschaftsstandort. Wenn man Fußballbilder mag, könnte man von einem Elfmeter sprechen. Dass die SPD ihn nicht verwandelte, ist umso erstaunlicher, als Scholz selbst es war, der den Kompromiss mit dem Bund über die BAföG-Millionen aushandelte. Aber vielleicht glauben die Sozialdemokraten ja, dass sich mit einem so akademischen Thema wie Hochschulfinanzierung kein Wahlkampf gewinnen lässt.

Die Entscheidung, nicht einmal einen Teil der gut 30 Millionen Euro in die Hochschulen zu stecken, bedeutet aber noch mehr. Nun ist klar: Es wird keine ernsthafte Offensive zur Stärkung des Wissenschaftsstandorts geben, wie die Ex-Politiker Klaus von Dohnanyi (SPD), Wolfgang Peiner (CDU) und Willfried Maier (Grüne) sie gefordert haben. Es wird nicht einmal „eine Schippe draufgelegt“, was sich selbst der SPD-Fraktionsvorsitzende in einem Interview gewünscht hatte.

Die Stärkung der Wissenschaft und ein zukunftsweisender Ausbau der Hochschulen steht nicht auf der politischen Agenda dieses Senats. Gute Schulen, Wohnungsbau und die Elbvertiefung sind der Scholz-Regierung wichtig. Eine leistungsfähige Wissenschaft hingegen hat weiterhin keine Priorität. Dabei ist sie für die Zukunftsfähigkeit der Stadt ebenso entscheidend wichtig. Oder ist das zu viel Vision für den nüchternen Pragmatiker Scholz?

„Was für eine Fehlentscheidung“, entfuhr es der Wissenschaftspolitikerin der Grünen, Eva Gümbel, diese Woche in einer hitzigen Bürgerschaftsdebatte. In der Tat: was für eine Fehlentscheidung.