Der HSV hat sich gehäutet und ist aus Ruinen auferstanden. Er hat viel vor - aber es ist auch vor Vertrauen nötig, und Geduld. Ein Kommentar von Rainer Grünberg.

Vor zwei Monaten noch war es undenkbar, dass an diesem Sonntag eine Hamburger Handballmannschaft zu einem Bundesligaspiel in der Gummersbacher Schwalbe-Arena aufläuft. Die Dritte Liga lag vielen im Verein näher, die Insolvenz der Spielbetriebsgesellschaft schien gewollt wie unabwendbar. Dann tat Andreas Rudolph, der langjährige Gönner, Sponsor und Präsident, doch das, worauf sich jeder im Club stets verlassen konnte und verließ: Er bürgte, und er zahlte. Beim Handball-Sport-Verein Hamburg geht es seit diesem denkwürdigen 1. Juli weiter, nicht mehr in Saus und Braus, aber eben weiter.

Im verklärenden Rückblick mag der unselige und imageschädigende Prozess der zweimaligen Lizenzverweigerung und späten Lizenzerteilung wie eine Läuterung erscheinen. Der HSV hat sich gehäutet, ist auferstanden aus Ruinen, und er hat wieder Perspektiven; sportliche und wirtschaftliche. Die erste schwarze Null am Ende einer Spielzeit ist plötzlich möglich, und das mit einer zwar verjüngten Mannschaft, die aber weiter den Anspruch hegen dürfte, zu den Besten der Liga gehören zu wollen.

Der Umbau eines Vereins und eines Teams braucht seine Zeit, und bei allem Engagement, das der neue Trainer Christian Gaudin vorlebt: Auch er muss erst zusammenfügen, was irgendwann zusammengehört. Der HSV Hamburg hat eine zweite Chance bekommen, und nach dem, was dieser Club in den vergangenen neun Jahren für den deutschen Handball geleistet hat, hat er sich diese auch verdient. Mannschaft und Mitarbeiter, das haben die vergangenen Wochen gezeigt, sind gewillt, sie zu nutzen. Was alle jetzt am nötigsten brauchen, ist dieses Vertrauen, das Geduld heißt.