Langfristprognosen mögen irren, sind aber unverzichtbar

Prognosen, so besagt ein bekannter Kalauer, sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Daran muss man unwillkürlich denken, wenn es um eine Studie geht, die einen Rückblick auf die Entwicklung der Wirtschaft und der Lebensbedingungen in Hamburg seit 1987 enthält und daraus Anforderungen für die nächsten Jahrzehnte wie etwa einen Bedarf nach 90.000 zusätzlichen Wohnungen abzuleiten versucht. Damals hätte man vermutlich anderes prognostiziert. Wer hätte im Jahr 1987 schon absehen können, dass bald darauf der Kalte Krieg beendet sein würde? Dieser Einschnitt hatte erheblichen Einfluss auf Hamburg: Der Hafen profitierte von der Öffnung Osteuropas, gleichzeitig führte der Fall der Mauer zu einem starken Zuzug nach Deutschland und in die Hansestadt.

Unter dem Vorbehalt solcher unabsehbaren Umwälzungen steht auch heute jede Langfristprognose. Wer würde sich schon eine Einschätzung zutrauen, ob etwa die Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine historisch betrachtet vernachlässigbare Episoden bleiben oder ob sie Vorboten von Veränderungen mit nachhaltigen Folgen für unser weiteres Leben sind?

Dennoch sind Langfristplanungen für eine Stadt wie Hamburg nötig – und dafür müssen auch Annahmen getroffen werden. Zudem gibt es Faktoren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit und weitgehend unabhängig vom jeweiligen Szenario wichtig für das künftige Wohlergehen der Menschen sein werden.

Dabei mögen für eine Stadt sogenannte Leuchtturmprojekte wie die Elbphilharmonie durchaus hilfreich sein, um im internationalen Standortwettbewerb stärker wahrgenommen zu werden. Mindestens ebenso bedeutend ist es aber, die alltäglichen Lebensbedingungen für die Bewohner zu verbessern. Dazu tragen zum Beispiel Investitionen in die Bildung und ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bei. Hunderttausende von Menschen könnten etwa von einer neuen U-Bahn-Linie 5 oder einer besseren Anbindung der Stadtteile südlich der Elbe profitieren. Für Letzteres wäre eine erfolgreiche Olympiabewerbung sehr hilfreich – ebenfalls ein nicht planbares Ereignis.