Im Olympia-Wettstreit mit dem Favoriten Berlin setzt die Stadt auf einzigartige Ideen

Die Idee ist faszinierend. Olympische Sommerspiele, das größte Sportfest der Welt, sollen im Herzen Hamburgs ausgetragen werden. 2024, vielleicht 2028. Es ist eine Jahrhundert-Herausforderung für eine Stadt, die sich als Weltstadt versteht, aber längst noch keine ist. Mit Olympia könnte die Welt den Weg durchs Tor zur Welt finden. München 1972 und Barcelona 1992 wären dafür beste Beispiele. Erst die Spiele haben ihnen zu dauerhaftem Ansehen, verlässlichem Wohlstand und kontinuierlichem Wachstum verholfen.

Olympia ist eine Herkulesaufgabe, besonders für die Entwicklung Hamburgs. Befürworter wie Gegner haben gute Argumente. Steuerzahlerbund, Umweltschützer und die Linken mahnen vor den Folgen fürs Allgemeinwohl, warnen vor Verschwendung und Gentrifizierung. Der nationale Konkurrent Berlin hat in den vergangenen Jahrzehnten mit sportlichen Großveranstaltungen mächtig – uneinholbar, sagen einige – vorgelegt. Am heutigen Mittwoch beginnen dort die Schwimm-Europameisterschaften. Eine ähnlich bedeutende Sportveranstaltung gab es in Hamburg noch nicht. Der Hauptstadtbonus, die weltweite Bekanntheit Berlins könnten für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) am Ende ausschlaggebend sein, Hamburg die Kür zum Kandidaten zu verweigern. Bereits jetzt mehren sich öffentlich erste Stimmen aus Sport, Politik und Gesellschaft, die sich auf die Seite der größten deutschen Metropole schlagen.

Nun sind im Sport Außenseiter nie chancenlos, und Alfons Hörmann, der neue DOSB-Präsident, hat beiden Städten bereits internationale Siegfähigkeit attestiert. Dass Hamburg überhaupt in den Wettbewerb mit Berlin treten darf, nicht als Alibikandidat, sondern auf Augenhöhe konkurrieren kann, ist Auszeichnung genug und Anerkennung der hiesigen Sportpolitik der vergangenen Jahre. Erinnert sei daran, dass die Vertreter des deutschen Sports vor elf Jahren selbst Leipzig bei der nationalen Olympiaauswahl den Vorzug gaben. Die Sachsen meisterten danach beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht mal die Hürde in die Endausscheidung, scheiterten schon beim Faktencheck an mangelnder Größe und unrealistischen Vorstellungen.

Das würde Hamburg nicht passieren. Das Konzept, das die Projektgruppe des Senats gerade erarbeitet, wäre weltweit einmalig. Spiele in der City, am Wasser, auf einer Flussinsel, die wichtigsten Sportstätten in einem Radius von 15 Kilometern – alles Alleinstellungsmerkmale. Es sollen Spiele für Sportler werden, auf deren Bedürfnisse zugeschnitten. Athleten wollen Stätten der Begegnung mit Kollegen, Verwandten und Freunden. In Hamburg gäbe es sie, und sie wären erstmals in der Geschichte Olympias alle bequem zu Fuß zu erreichen.

Berlin denkt anders, bezieht das Umland stärker ein, setzt auf traditionsreiche Sportstätten in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, glaubt damit eine der neuen zentralen Vorgaben des IOC zu erfüllen: Nachhaltigkeit. Schon jetzt lässt sich festhalten: Es ist ein Wettstreit unterschiedlicher Ideen, der am Ende nur einen Sieger kennen sollte: die olympische Sportbewegung in Deutschland. Bewirbt sich der DOSB um Olympia, würde das Land auch ein Stück jenes Mutes zurückgewinnen, das bei den Debakeln um den Berliner Flughafen, den Bahnhof Stuttgart 21 und das Hamburger Konzerthaus in dieser Republik verloren gegangen ist.

Olympia kostet, aber Zukunft gibt es nicht umsonst. Bei allen aufgemachten Rechnungen sei gesagt: Mit der Durchführung der Spiele, die das IOC mit 1,5 Milliarden Euro bezuschusst, haben die Ausrichter zuletzt Millionengewinne erwirtschaftet. Alle weiteren Ausgaben dienen der Infrastruktur. Diese Gelder sind dann verschwendet, wenn das Konzept zur Nachnutzung fehlt. Hamburg hat eins.