Gelingt es beim HSV, innerhalb der Mannschaft und bei den Funktionären den Zusammenhalt zu stärken, geht es aufwärts

Die Pessimisten, die sich dem Trainingsbeginn am 18. Juni im Volkspark ihren tiefen Frust gegenseitig von der Seele gesprochen und mit den tollkühnsten Abstiegsparolen eine ganz schreckliche Zukunft für den Bundesliga-Dino vorhergesagt hatten, sterben langsam, aber sicher aus. Immer mehr Fans prophezeien den drei großen Hamburger Buchstaben inzwischen doch eine mittelprächtige Saison – mit dem optimistischen Ausblick versehen, dass der Club bald einmal wieder von einem Platz im oberen Mittelfeld der Liga träumen darf. Dieser Sinneswandel basiert dabei nicht allein darauf, dass sich der HSV dank der Kühne-Millionen mit einigen neuen Spielern verstärkt hat. Der wahre Grund ist eher der, dass beim HSV endlich professioneller gearbeitet wird. Mirko Slomka macht es möglich.

Und ein kurzer Rückblick in den ganz großen Fußball zeigt, was möglich ist, wenn es innerhalb einer Mannschaft und im gesamten Drumherum hundertprozentig stimmt. Dieser HSV könnte nämlich von den Weltmeistern lernen. Die Mannschaft von Bundestrainer „Jogi“ Löw war in meinen Augen fußballerisch nicht unbedingt die erste Wahl. Die Niederländer beispielsweise haben den besseren Ball gespielt, aber die Deutschen hatten eines: Teamgeist. Und zwar davon so viel wie keine andere Nation. Diese 23 Männer mit dem Adler auf der Brust sowie das gesamte Umfeld an Betreuern und Trainern, die präsentierten sich als Einheit. So super, so genial, so einzigartig, so vorbildlich. Und deswegen darf sich von diesen Spielern auch jeder zu Recht Weltmeister nennen, selbst wenn er nicht eine Minute gespielt hat. Viel wichtiger war der Zusammenhalt, und in dieser Disziplin war und ist Deutschland der einzige und wahre Weltmeister.

Und genau das könnte der HSV, der in den vergangenen Jahren stets die größten Probleme hatte, eine Mannschaft voller Teamgeist auf die Beine zu stellen, nun nachmachen. Weil in der Slomka-Ära nun offenbar ganz andere Dinge Priorität besitzen. Körperliche Fitness ist da an die erste Stelle gerückt. Die meisten HSV-Profis strotzen vor Kraft und dadurch vor Selbstvertrauen. Und sie machen auf alle Trainings-Kiebitze nicht nur einen restlos fitten Eindruck, sie sind fast alle rank und schlank.

Das harte Vorbereitungsprogramm, zuletzt in Österreich, hat jeden Mann bis zum letzten Schweißtropfen gefordert. Jeder musste an seine Grenzen gehen. Und er ging an seine Grenze. Weil jeder weiß, dass es in den vergangenen Jahren und in der vergangenen Spielzeit vor allen Dingen daran gemangelt hat, dass keiner Kraft für 90 Minuten hatte. Mirko Slomka hat es erkannt und diesem Spuk endlich ein Ende bereitet, und das war gut so. Jetzt ist dieser HSV endlich wettbewerbsfähig – was er seit Jahren nicht war.

Solch schweißtreibende Einheiten schweißen zusammen. Wer nach dem Training auf allen Vieren in Richtung Kabine krabbelt und sieht, dass es dem Nebenmann nicht besser geht, der weiß sich mit dem Kollegen auf Augenhöhe. Man klagt über die Härte, aber man beklagt sich nicht, denn: Jetzt weiß jeder HSV-Profi, dass er 90 Minuten durchhalten kann, dass er nicht nach 30 Minuten schon am Ende ist (wie in der jüngeren Vergangenheit) – und das verbindet. Gemeinsam sind wir stark, das könnte der Slogan des HSV 2014/15 werden.

Und vielleicht gilt das ja nicht nur für diejenigen, die auf dem Rasen für die nötigen Punkte sorgen sollen. Eventuell rücken ja auch die Funktionäre dichter zusammen und arbeiten in Zukunft gemeinsam daran, dass es wieder bergauf geht mit dem HSV. Und vielleicht zieht ja auch ein gewaltiger Mann wie Klaus-Michael Kühne seine Lehren aus diesem Saisonstart. Zu hoffen wäre es. Kühne hatte in diesem Sommer gesagt, dass der HSV endlich einen erstklassigen Trainer bräuchte. Mirko Slomka hatte er dabei ganz offensichtlich nicht auf der Rechnung. Dieser kapitulierte nicht etwa vor dem Milliardär, sondern antwortete: „Ich versuche, ein erstklassiger Trainer zu werden.“ Der Anfang ist gemacht. Und zwar in einer Art, die Hamburg und der HSV lange nicht gesehen hat. Weiter so!

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