Es sollte immer zwei Sieger geben: Der DM-Sieg des unterschenkelamputierten Weitspringers Rehm hinterlässt auch Verlierer

Markus Rehm ist ein außergewöhnlicher Sportler, und sein Siegessprung bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in die Sphären absoluter Weltklasse war eine herausragende Leistung. Das muss gleich zu Anfang gesagt werden, weil diese Würdigung in der Diskussion um den umstrittenen Auftritt des unterschenkelamputierten Paralympicssiegers sonst zur Randnotiz verkommt.

Rehms Triumph ist auch eine Botschaft an diese Gesellschaft, die bei aller zunehmenden Toleranz und Aufklärung immer noch scharfe Trennlinien zieht, etwa zwischen Behinderten und Nichtbehinderten; die immer noch gerne ausgrenzt, die mit Begriffen wie normal und unnormal oft erschreckend sorglos hantiert und eben darum dringend benötigte humane Ressourcen leichtfertig verschenkt.

Inklusion, die Teilhabe aller bei allem, bleibt nicht nur aus diesen Gründen eine lohnenswerte Aufgabe, so anstrengend sie auch sein mag. Inklusion bedarf jedoch der Vorbereitung. Es ergibt keinen Sinn, förderbedürftige Schulkinder im herkömmlichen Klassenverband zu unterrichten, wenn das zusätzliche pädagogische Personal fehlt. Dann gibt es nur Verlierer. Und es macht keinen Sinn, einen behinderten Sportler in einen Wettkampf mit Nichtbehinderten zu schicken, ohne dass geklärt ist, wie seine Weiten zustande kommen. Dann gibt es zwar einen Sieger, aber keine Gewinner, weil verloren geht, welch großartige Sprünge der Zweitplatzierte Christian Reif in den Sand setzte.

Sport definiert sich dadurch, dass Athleten unter identischen Voraussetzungen in ihren Wettstreit treten. Das ist nicht der Fall, wenn ein Sportler (notgedrungen) technische Hilfsmittel nutzt, auf die andere (glücklicherweise) verzichten können. Es bleiben unterschiedliche Wettbewerbe, egal, ob Prothesen Vorteile bringen oder nicht. Und angesichts des ständigen technischen Fortschritts wäre es ohnehin unrealistisch, alle halbe Jahre neue Messungen vorzunehmen. Dabei ist die Lösung einfach: Nichts spricht dagegen, Behinderte und Nichtbehinderte zusammen Sport treiben zu lassen – nur sollte es am Ende immer auch zwei Sieger geben.