Junge Menschen können so ihre Leistung besser einordnen

An den Grundschulen Schleswig-Holsteins wird vom kommenden Schuljahr an auf die Vergabe von Zensuren verzichtet. Noten seien weder objektiv und verlässlich noch differenziert und leistungsmotivierend, begründet Bildungsministerin Waltraud Wende die Entscheidung. Stimmt ihre These, müssen die stattdessen geplanten Berichtszeugnisse den Anforderungen nach Objektivität, Verlässlichkeit, Differenziertheit und Motivation genügen. Zweifel daran sind angebracht.

Ob nun Note oder Berichtszeugnis: Bei der Bewertung eines Schülers spielt die Subjektivität des Lehrers und damit verbunden die Verlässlichkeit einer Bewertung stets eine Rolle. Von Ausnahmen in naturwissenschaftlichen Fächern einmal abgesehen, sollten Pädagogen auch bei der Bewertung einer einzelnen Arbeit den Schüler und seine Fähigkeiten in ihrer Gesamtheit berücksichtigen.

Noten sind vor allem bei der Motivation junger Menschen von großem Nutzen. Schüler orientieren sich an ihnen und können so ihre Leistung einordnen. Zensuren ermöglichen auf einem direkten Weg die Vergleichbarkeit von Leistungen. Nicht zuletzt bestärken gute Noten junge Menschen, auf diesem Weg weiterzugehen. Schlechte Noten lassen hingegen keine Relativierung zu.

Gerade bei jungen Menschen löst manchmal ein „Warnschuss“ eher eine Verhaltensänderung aus als ein als Geplauder wahrgenommenes Sowohl-als-auch des Lehrers. Oft besteht das Problem ja nicht darin, dass ein Schüler „zu dumm“ für den Lehrstoff, sondern – vor allem in der Pubertät – vom Leben zu abgelenkt ist, sich intensiver mit der Schule zu beschäftigen.

Was im Streit um das Für und Wider von Noten ferner gern vergessen wird: Bereits heute gehören Notengespräche, in denen der Lehrer einem Schüler das Zustandekommen einer Zensur erklärt, zum schulischen Alltag. Nur dass so ein Gespräch bislang nicht aufgeschrieben wird. Gute Notengespräche sind zudem als Dialog angelegt. Schüler und Eltern können dabei Fragen stellen.

Apropos Fragen: Lehrer, die Erfahrungen mit Berichtszeugnissen haben, berichten, dass Eltern ihnen am Ende oft die Frage stellen: „Und was für eine Note ist das jetzt?“