Islamisten schützen sich immer effektiver gegen die fliegenden US-Kampfmaschinen – und forschen jetzt selbst für den Hightech-Krieg

Seit Jahren tobt ein Schattenkrieg zwischen den USA und der global agierenden Terrororganisation al-Qaida. Da die US-Kampftruppen den Irak bereits 2011 verlassen haben und bis Ende dieses Jahres auch aus Afghanistan abgezogen sein werden, tragen Kampfdrohnen der Typen MQ-1 Predator (Raubtier) und MQ-9 Reaper (Sensenmann) die Hauptlast dieses Krieges. Die tödlichen Flugmaschinen mit ihren Hellfire-Raketen und hochauflösenden Kamerasystemen – zu denen Gesichtserkennungssensorik gehört – jagen vor allem in Pakistans Stammesgebieten und in den unzugänglichen Bergen Afghanistans, wohin sich die radikalislamischen Terroristen zurückgezogen haben. Im vergangenen Oktober stellte ein Untersuchungsbericht der Uno fest, dass es 376 Drohnenangriffe seit 2004 mit 3613 Todesopfern gegeben habe, unter ihnen Hunderte Zivilisten. Auch im Jemen, in Somalia und Libyen sind Predator und Reaper aktiv.

Al-Qaida, die erste globale Terrororganisation der Welt mit Zellen in 70 Staaten und geschätzten 40.000 Kämpfern, geriet stark unter Druck; zeitweise mussten Kommandeure alle paar Monate ersetzt werden, die den US-Drohnen zum Opfer gefallen waren. Doch wie der Hamburger Forscher Dr. Hans Krech, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit e.V. an der Führungsakademie der Bundeswehr, in einer Studie ermittelte, hat sich al-Qaida wirksam auf die Bedrohung eingestellt. Wurden zwischen 2009 und 2012 insgesamt 34 hochrangige Führer durch Kampfdrohnen getötet, so starb 2013 nur noch ein einziger Terrorkommandeur, der allerdings bereits 2012 durch einen Drohnenangriff verwundet worden war. Auch in diesem Jahr ist noch kein einziger Al-Qaida-Führer von Rang durch US-Drohnen getötet worden.

Das Terrornetzwerk hat, wie Krech berichtet, eine „Zentrale Forschungsstelle Drohnenabwehr“ aufgebaut, die direkt bei der operativen Führungsebene von al-Qaida angesiedelt ist. Wissenschaftler, Ingenieure und Studenten suchen nach Schwachstellen in der Drohnentechnik. Auch die 14 Regionalorganisationen von al-Qaida unterhalten demnach eigene Forschungszellen. Krech zitiert einen Bericht der „Washington Post“, wonach der Schwerpunkt dieser Forschungen darin liege, den Datenstrom zwischen Drohne und Satellit zu unterbrechen. Zudem wird an Möglichkeiten gearbeitet, Drohnen per Laserstrahl zu blenden und damit die hochempfindlichen Sensoren zu zerstören. Eine weitere Methode, an der gearbeitet wird, ist das Einbringen von Viren in den Datenstrom durch Hacken. Im Oktober nahm die türkische Polizei fünf Studenten fest, die genau an einem derartigen Computerprogramm arbeiteten. Schon 2011 war es dem iranischen Geheimdienst gelungen, die Software einer US-Aufklärungsdrohne vom Typ RQ-170 Sentinel zu hacken und die Maschine auf einem iranischen Flugplatz landen zu lassen.

Ferner versucht al-Qaida, eine eigene Drohnenflotte aufzubauen, und ist dabei vor allem an „Mikrodrohnen“ interessiert, winzigen Flugmaschinen, die Computer hacken, Telefone abhören und Menschen töten können. Im Juni wurde in Bagdad eine Forschungszelle ausgehoben, die das Giftgas Sarin herstellte. Dieses sollte von ferngesteuerten Modellflugzeugen aus – im Prinzip Minidrohnen – über amerikanischen oder europäischen Großstädten versprüht werden. Zwei Jahre zuvor war in den USA ein Ingenieur verhaftet worden, der mit C4-Militärsprengstoff bestückte Modellflugzeuge in das Kapitol in Washington lenken wollte.

Al-Qaida hat an seine Kämpfer Ratgeber ausgeteilt, um Drohnenangriffen entgehen zu können. Es wird etwa empfohlen, auf Störgeräusche in Handys und Radios zu achten, da diese häufig durch anfliegende Drohnen verursacht würden. In Mali erbeuteten französische Soldaten transportable Radargeräte, mit denen sich Drohnen erkennen lassen. Die Studie des Hamburger Forschers zeigt, dass die Wirksamkeit der US-Drohnen im Kampf gegen den Terror ganz erheblich gesunken ist.