Das Verfahren zur Vertiefung der Fahrrinne ist für alle ein Erfolg. Aber das Ende ist offen

Gewonnen haben alle Beteiligten bei der fünftägigen Anhörung in Leipzig. Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts trieb das Verfahren zur Elbvertiefung sicher und professionell voran. Die Planungsbehörden der Stadt Hamburg und des Bundes legten dar, dass sie die Verbreiterung und Vertiefung der Fahrrinne an der Unterelbe mit Sorgfalt erarbeitet haben – und dass sie dies aus gutem Grund taten: damit Hamburgs Hafen weiterhin in der Weltliga mitspielen kann.

Die klagenden Umweltverbände BUND und Nabu wiederum machten stringent deutlich, dass das Wachstum des Hafens in immer engeren ökologischen und geografischen Begrenzungen organisiert werden muss. Wer der Meinung ist, es gehe bei den Belangen zum Umwelt- und Naturschutz an der Elbe um Luxusprobleme, hätte sich durch die Vorträge vor dem Leipziger Gericht eines Besseren belehren lassen können.

Man mag infrage stellen, ob Großverfahren zu öffentlichen Planbeschlüssen der beste Weg sind, um gesellschaftliche Konflikte beim Ausbau der Infrastruktur zu befrieden. Das Gericht allerdings hat aus dem ihm obliegenden Verfahren in der Anhörung das Beste gemacht. Der gesamte Prozess ist eine Premiere. Eine so umfassende gerichtliche Prüfung zu einem großen Verkehrsprojekt hat es in Deutschland bislang nicht gegeben. Das Verfahren zur Elbvertiefung ist noch komplexer als die geplante Vertiefung der Außenweser.

Die fünftägige Anhörung in Leipzig zeigte eine erdrückende Fülle von Daten und Fakten, aber auch ein eindrucksvolles Niveau an Expertise und Sachkenntnis – vor allem von den fünf Richtern des 7. Senats selbst, die sich monatelang in die Materie eingearbeitet hatten. Bis zuletzt ließen sie keinen Rückschluss darauf zu, welcher Seite sie bei der Gewichtung der Argumente eher zuneigen. Auch das ist professionell, wenngleich die Hafenwirtschaft und der Hamburger Senat nun einstweilen weiter auf eine Entscheidung des Gerichts warten müssen.

Für Laien ist nicht zu beurteilen, welche Fakten und Argumente aus rein rechtlicher Sicht schwerer wiegen. Von Bedeutung ist sicher das Argument der Planungsbehörden, die Folgen der Elbvertiefung seien verschwindend gering, gemessen an den Naturgewalten von Wind und Strömung, mit denen der Fluss und seine Anrainer seit Jahrhunderten konfrontiert sind. Ob diese und viele andere Aspekte genügen, die Bedenken der Richter zu zerstreuen, muss sich weisen. Die klagenden Verbände jedenfalls fühlen sich durch die Anhörungen und die fachlichen Vertiefungen nachträglich darin bestärkt, das Großvorhaben verhindern zu müssen.

Ob Hamburgs Hafenwirtschaft die lange erhoffte Erweiterung der Elbe am Ende in der gewünschten Form bekommen wird, bleibt zunächst bis zum kommenden Termin des Gerichts am 2. Oktober weiter offen. Dann wollen die Richter entweder ein Urteil verkünden oder begründen, warum sie rechtliche Präzisierungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg abwarten wollen.

Die Umweltverbände gehen aus dem Leipziger Verfahren in jedem Fall als Gewinner hervor. Verbietet das Gericht die Umsetzung der Bauarbeiten auch nur in Teilen, können sich die Kläger dies auf die Fahnen schreiben. Genehmigt das Gericht das Planfeststellungsverfahren, wird man den Verbänden zumindest jene Nachbesserungen anrechnen, die die Planungsbehörden bislang schon vorgenommen haben.

Die Stadt Hamburg und der Bund agieren so gesehen eher aus der Defensive heraus. Die Prozessvertreter beider Behörden vertraten die Sache der Planer mit Umsicht und in angemessenem Ton. So trugen auch sie wesentlich dazu bei, die Rechtskultur in Deutschland um ein gelungenes Verfahren zu bereichern.