Beim Endspiel in Brasilien sah man Merkel und Putin noch vertraulich auf der Tribüne. Doch wie geht es jetzt nach dem Abschuss der MH17 weiter? Wirklich zurückstecken musste Putin bislang nicht. Eine Betrachtung von Hellmuth Karasek.

Genug mit Fußball? Genug der Feiern, Nachfeiern und Gaucho-Gesänge? Fest steht, dass sich der Krieg in der Ukraine mit einem mörderischen Raketenschlag, kaum war der Fußball-Frieden verflogen, zurückmeldete. Beim Fußball saßen Merkel und Putin nur durch Blatter getrennt auf der Tribüne, mal auch nebeneinander, und sprachen, wie es hieß, „am Rande“ auch von der Ukraine als einem Konflikt, der sich mit Verhandlungen lösen ließe.

Jetzt, nach dem Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs, konstatiert die „FAZ“ schnörkellos: „Im Osten der Ukraine herrscht Krieg. Und die Hinweise mehren sich, dass Russland daran militärisch direkt beteiligt ist. Schon der Anschluss der Krim war in Wahrheit eine militärische Eroberung.“ Das hat Putin ja nachträglich mit brutaler Offenheit zugegeben. Jetzt also droht der Westen, die USA und Europa, mit verschärften Sanktionen, aber die Europäer spielen da nicht wirklich mit. Frankreich will Russland gerade zwei Kampfschiffe verkaufen, da passt es nicht. Die Österreicher möchten ihre reiche russische Laufkundschaft nicht verprellen. Italiens Premier hat es fertiggebracht, für seine EU-Ratspräsidentschaft ein Programm vorzulegen, in dem die Annexion der Krim nicht erwähnt, dagegen ein Preislied auf die strategische Partnerschaft mit Russland gesungen wird, weshalb Polen, Balten, Finnen und Tschechen, also Russlands bedrohte Nachbarn, die italienische Außenministerin Mogherini als EU-Außenbeauftragte für inakzeptabel halten. Grund: Italien möchte eine eigene Pipeline mit Russland, die wie die deutsche mit Gazprom nicht durch die Ukraine führt. Also drohen alle nur „Du du du, du böser Aggressor!“, ohne dass Putin bei seiner Politik, die sowjetische Herrlichkeit wiederherzustellen, wirklich zurückstecken muss. Und es ist ja einerseits auch gut, dass es um Geschäfte geht und die Menschen alles andere als einen Krieg wollen.

Beim Endspiel in Brasilien sah man, wie gesagt, Merkel und Putin vertraulich auf der Tribüne. Die nächste Fußball-Weltmeisterschaft wird in Russland stattfinden. Und so gibt es den schönen, bitteren Witz, wo Merkel Putin fragt: „Und wo soll das Endspiel stattfinden?“ Und Putin sie groß anguckt und sagt: „Natürlich in Leipzig.“

Vier Jahre sind eine lange Zeit, vor allem dann, wenn der Kreml dabei ist, alles wieder zurückzuholen, was er in seinen besten schlimmsten Tagen besessen hatte. Wie gesagt, bis jetzt ist das nur ein blutiger Witz.

Karasek schreibt jeden Sonnabend im Hamburger Abendblatt