Die Berufs-Empörer können es nicht lassen: Sie finden am WM-Sieg etwas zu meckern

Es war ja klar, dass sie kommen würden. Dass sie so lange suchen würden, bis sie etwas zum Meckern gefunden haben. Während Deutschland überall auf der Welt nicht nur aufgrund der fußballerischen Leistung seiner Nationalmannschaft, sondern auch wegen des gigantischen Empfangs in Berlin gefeiert wird („Mirror“: „Die sind ja gar nicht so langweilig“), machen die Berufs-Empörer daheim schon wieder das, was sie am besten können: Sie entdecken das Schlechte im Guten. Wäre ja auch noch schöner, wenn sich Deutschland einfach ohne Einschränkungen ein paar schöne, fröhliche Stunden machen würde.

Nein, das darf nicht sein. Und wenn man sich schon nicht über den sportlichen Ausgang der Weltmeisterschaft ereifern kann, dann doch wenigstens über das Auftreten der Fußballer auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor. Die hatten sich erlaubt, einen uralten Fußball-Schlachtgesang aufzuführen, Titel: „So gehen die Gauchos“ (alle Spieler sind gebückt), „so gehen die Deutschen“ (alle Spieler sind kerzengerade). Was für ein Skandal! Welche schlimme Überheblichkeit! Musste das denn wirklich sein? Nun fällt ein Schatten auf den Titelträger, ein Makel, einfach furchtbar.

Geht’s noch? Wirklich furchtbar ist, dass dieses Land selbst in den seltenen Stunden gemeinsamen Glücks nicht mit dieser unsäglichen Sehnsucht nach Kritik aufhört. Warum können wir nicht einfach mal zufrieden sein? Warum können die, die immer und andauernd etwas zu beklagen haben, nicht einmal den Mund halten? Oder sich wenigstens kurz kundig machen, bevor sie versuchen, aus einem harmlosen Lied eine Affäre zu kreieren?

Wisst ihr nämlich was, liebe Berufs-Empörer: Der bemängelte Schlachtgesang hat eine Tradition (die man natürlich auch nicht gut finden muss!) und ist zum Beispiel 2008, bei der Europameisterschaft, in der Version „So gehen die Türken, so gehen die Deutschen“ von Fans gesungen worden. Insgesamt halten die Lieder und Anfeuerungsrufe in den Fußballstadien dieser Welt den Anforderungen politischer Korrektheit in der Regel eh nicht stand. Müssen sie übrigens auch gar nicht, weil es auf dem Rasen erstens nicht um Politik, sondern vielmehr darum geht, mehr Tore als der Gegner zu schießen. Und zweitens ist das Ganze, trotz der immensen Aufmerksamkeit, am Ende tatsächlich nur ein Spiel. Große Folklore halt, zu der eben auch Siegesfeiern (darf man das Wort überhaupt verwenden??) gehören, bei denen die Landung eines Jumbojets in Zeitlupe gezeigt wird, bei denen Helene Fischer auftritt und bei denen sich Fußballspieler kleine Showeinlagen einfallen lassen. Übrigens jene Fußballspieler, denen man sonst immer vorwirft, dass sie jenseits des Rasens so langweilig seien.

Lasst gut sein, liebe Berufs-Empörer! Wenn euch Fußball nicht interessiert, wenn ihr den Sport überbewertet findet und wenn ihr der Meinung seid, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt (was hundertprozentig stimmt), dann sagt es einfach. Und wenn ihr euch ärgert, dass ausgerechnet ein so einfaches Spiel hochwertige andere Ereignisse in den Schatten stellt, dann beklagt euch darüber. Aber den deutschen Fußballspielern Überheblichkeit vorzuwerfen, die selbst nach einem 7:1-Erfolg im Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien so verhalten jubeln, als hätten sie gerade mit Mühe ein 0:0 erreicht, ist so frech wie ungerecht.

Wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann ist es die Selbstgefälligkeit und zynische Grundhaltung all jener, die hinter einem nationalen Freudentag gleich wieder einen Schwenk ins Arrogante und Übermächtige vermuten. Davon ist das Deutschland im WM-Jahr 2014 weit entfernt, auch wenn es leider noch nicht alle bemerkt haben.

PS: Unsere Sorgen hätten die Spanier und Italiener gern.