Nach dem rauschenden Fußballfest in Brasilien bleiben leere Stadien als Mahnmale. Der Fußball-Weltverband bleibt auf einem dreistelligen Millionengewinn sitzen, die Rechnung für die Fußballfeier aber zahlt das brasilianische Volk.

Man will es kaum wahrhaben, aber die größte Fußballparty der Welt ist tatsächlich vorbei. Vier Wochen lang gab es weitgehend nur ein Gesprächsthema: Das Runde muss in das Eckige. Und weil die Deutschen diese sportliche Geometriekunst wie keine andere Nation beherrschen, sind sie am Sonntag Weltmeister geworden.

Doch was wird von diesem vierwöchigen Fest in Erinnerung bleiben? Aus deutscher Sicht ist diese Frage schnell beantwortet: Miroslav Klose wird wohl auch noch mit 50 Jahren zum Salto abheben, Manuel Neuer ist unbezwingbar, und auch Oliver Bierhoffs zunächst heftig kritisiertes Campo Bahia war ein Riesenerfolg. Die Jungs von Bundestrainer Joachim Löw sind nicht nur die besten Fußballer, sie sind vor allem die besten Gewinner der Welt. Das haben sie insbesondere nach dem epochalen 7:1-Halbfinalsieg gegen Gastgeber Brasilien bewiesen. Die bescheidende, fast demütige Art und Weise, wie das DFB-Team diesen historischen Erfolg gefeiert hat, könnte langfristig mehr wert sein als der anschließende Titel, den Schweinsteiger, Hummels und Co. im Maracanã geholt haben. 200 Millionen Brasilianer haben sich am späten Sonntag mit Alemanha gefreut – und das nicht nur, weil Erzfeind Argentinien der Triumph verwehrt blieb.

Auch unabhängig vom deutschen Titelgewinn war die WM in Brasilien die bisher beste Weltmeisterschaft aller Zeiten. Zumindest auf den ersten Blick. Die Stimmung war grandios, die Stadien immer voll, der Fußball mitreißend. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Brasilianer waren unübertroffen. Sogar das heraufbeschworene Chaos blieb überwiegend aus. Die Flieger waren pünktlicher als die Deutsche Bahn, gewalttätige Proteste gab es kaum, der medial hartnäckig verbreitete Negativismus wich überwiegend purer Lebensfreude.

Und doch lohnt – nicht nur bei der mit Erfolg eingeführten Torlinientechnik – auch ein zweiter Blick. Denn schaut man sich das große Ganze nach vier Wochen Fußball und Feiern an, muss man auch nach einer berauschenden Finalnacht über die gleichen Dinge wie vor dieser Weltmeisterschaft sprechen.

Denn die unvergesslichen vier Wochen ändern nichts an der Tatsache, dass Brasilien rund zwölf Milliarden Euro für die mit Abstand teuerste Fußballparty aller Zeiten ausgegeben hat. Bereits am ersten Tag nach dem Finale wirken die Stadien in Natal, Manaus, Brasília und Cuiaba, in denen wohl niemals ein lokaler Erstligaclub spielen wird, wie gigantische Mahnmale der absurden Fifa-Vorgaben. Der Fußball-Weltverband bleibt auf einem dreistelligen Millionengewinn sitzen, die Rechnung für die Fußballfeier aber zahlt das brasilianische Volk.

Man würde sich ganz naiv wünschen, dass die Fifa zumindest aus den Diskussionen, die noch vor dem ersten Anstoß geführt worden sind, bis nach dem letzten Abpfiff gelernt hat. Korruption, Zwangsumsiedlungen, Geldverschwendung, Aufrüstung und Kontrollwahn. All das waren Themen, die natürlich mit dem ersten rollenden Ball schnell in Vergessenheit gerieten.

2018 ist Russland der nächste Partygastgeber. Schon jetzt sollen sich die Fifa-Verantwortlichen darüber freuen, dass ähnliche Proteste und Demonstrationen, wie es sie vor der WM in Brasilien gegeben hat, dann voraussichtlich ausbleiben werden.

Er habe keinen Zweifel daran, dass die WM in Russland ein mindestens so großer Erfolg werde wie die Weltmeisterschaft in Brasilien, hat der wohl niemals zurücktretende Fifa-Präsident Sepp Blatter im Maracanã angekündigt. Und Russlands ebenso machtbewusster Präsident Wladimir Putin, bekanntermaßen ein lupenreiner Demokrat wie der Schweizer Fußball-Napoleon, durfte auf der Ehrentribüne artig klatschen.

Der Fußball-Zirkus geht weiter. Und selbst die Clowns dürften in vier Jahren die gleichen sein. Nur anders als über die WM an sich dürfte sich darüber wirklich keiner freuen.