Netflix kommt nach Deutschland und die Angst ist groß. Der Untergang des Abendlandes wird diskutiert. Ein Kommentar von Alexander Josefowicz.

Dass die deutschen TV-Sender weiteren Streaming-Diensten nicht gerade den roten Teppich ausrollen, ist wenig überraschend. Nun aber ein politisches Korrektiv zu fordern und den medialen Untergang des Abendlandes zu beschwören, weil Netflix nach Deutschland kommt, ist schon eine gewagte Volte. Der WDR-Mediagroup-Geschäftsführer Michael Loeb und der ZDF-Beauftragte für Digitalstrategien, Robert Amlung, haben trotzdem genau das getan.

Nun möge man mich korrigieren, aber als ich das letzte Mal im Rundfunkstaatsvertrag geblättert habe, war dort über die Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Rundfunker zu lesen: „Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen.“ Auch europäische Integration, gesellschaftlicher Zusammenhalt und andere hehre Dinge, die die Damen und Herren fördern sollen, sind erwähnt. Nach Blockbustern, Serienhits und ähnlichem – dem Kerngeschäft von Netflix und Co. – habe ich vergeblich gesucht.

Staatstragende Ruhe strahlte im Reigen der Aufgeregtheiten lediglich der Geschäftsführer von RTL Interactive aus. Marc Schröder gab zu Protokoll, dass man „sehr gut vorbereitet“ sei und plädierte für einen „unaufgeregten Umgang“ mit Netflix. Dass RTL noch mal zum Vorbild für die Öffentlich-Rechtlichen werden könnte; wer hätte das gedacht?