CDU, SPD und Grüne machen im Bundestag Weg für Suche nach Endlager frei

Als Deutschland in den 1960er-Jahren endgültig auf die Kernenergie setzte, ist den Menschen die Quadratur des Kreises versprochen worden: preiswerter Strom bei größtmöglicher Sicherheit. 50 Jahre später wissen wir, dass sich damals eine fast schon grenzenlose Naivität paarte mit Technikgläubigkeit. Zur historischen Wahrheit gehört aber auch: Nicht die Energiekonzerne, sondern die Politiker waren damals die großen Treiber.

Inzwischen wird die Kernenergie abgewickelt. Der unter dem Eindruck der Atomkatastrophe von Fukushima hektisch und damit teurer angeschobene Ausbau regenerativer Energien schlägt auf die Stromrechnung durch: Wir zahlen derzeit die Zeche für die politischen Fehler, die vor 50 Jahren gemacht wurden.

Immerhin: An diesem Donnerstag hat der Bundestag mit einer breiten Mehrheit von Union, SPD und Grünen beschlossen, die Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Müll zumeist aus den Atommeilern neu zu starten. Gorleben bleibt zwar ein denkbarer Standort, aber eine aus Vertretern von Politik, Wissenschaft und gesellschaftlichen Gruppen gebildete 33-köpfige Kommission soll versuchen, wenigstens bei der Endlagerung für ein transparentes Verfahren zu sorgen und vor allem dafür, dass am Ende der bestmögliche Standort gefunden und realisiert wird.

Die Kommission hat zudem die Zeit und die Mittel, um verschiedene denkbare Wirtsgesteine auf Tauglichkeit zu prüfen und ein Procedere für die Standortbestimmung zu entwickeln, das Vertrauen schafft.

Die Kommission wird es nicht leicht haben – eben weil der erste Anlauf zur Schaffung eines Endlagers ein Paradebeispiel dafür war, wie man es nicht macht: Der Standort Gorleben ist in Hinterzimmern der Macht regelrecht ausgekungelt worden zwischen Bund und Land Niedersachsen.

Nicht die größtmögliche Sicherheit stand im Vordergrund bei der Entscheidung, es waren sachfremde Überlegungen. Gorleben lag damals quasi am Ende der Welt, dünn bevölkert.

Deswegen kann es nicht verwundern, dass die örtlichen Anti-Atom-Gruppen sich jetzt weigern, in der Kommission mitzuarbeiten. Der Widerstand gegen das Endlager Gorleben ist inzwischen Teil der Identität zahlloser Menschen im Wendland. So kompromisslos sie sich bei jedem Castortransport quergelegt haben, so kompromisslos beharren sie jetzt darauf, die neue Standortsuche müsse ohne ihren Landstrich stattfinden.

Wenn also jetzt die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg oder die Initiative „ausgestrahlt“ Nein zur Mitarbeit sagen, so ist das verständlich. Anders aber sieht die Sache bei den großen Umweltorganisationen aus. Greenpeace etwa schielt ganz offenkundig stärker auf weitere spektakuläre Protestaktionen inklusive Spendenwirkung als darauf, sich konstruktiv einzubringen bei dem ehrgeizigen Versuch, beim Thema Endlagerung einen gesellschaftlichen Konsens zu organisieren.

Genau dieser Konsens ist bitter nötig. Wir haben als Industrienation Zehntausende Tonnen hochradioaktiven Müll angehäuft und sind nun in der Pflicht, dieses Problem anzugehen. Klar ist: Wo auch immer am Ende der Müll gelagert wird und ob dies in Salz, Ton oder Granit passiert, es wird erneut massiven Widerstand geben.

Einen kleinen Vorgeschmack darauf erleben wir derzeit bereits. So breit die gesellschaftliche Zustimmung zur Energiewende auch ist, so laut ist allerorten der Protest, wenn auch nur die Grobplanung für eine der notwendigen Stromtrassen bekannt wird. Am Ende wird die Politik Entscheidungen treffen und verantworten müssen – auch wenn das wehtut.