Clemens Binninger legt Vorsitz im NSA-Ausschuss nieder

Noch bevor der Ausschuss, der die umfangreichen Lauschaktivitäten des US-Geheimdienstes NSA in Deutschland untersuchen soll, seine Arbeit richtig aufgenommen hat, kommt ihm schon der Vorsitzende abhanden. CDU-Mann Clemens Binninger begründet seinen Rückzug damit, dass ein Untersuchungsausschuss nicht in erster Linie parteipolitischer Profilierung dienen solle. Die Opposition sei zu sehr auf die Vernehmung des ehemaligen US-Geheimdienstlers und jetzigen hauptberuflichen Enthüllers Edward Snowden fixiert. Binninger hat Zweifel am Wert von dessen Aussage. Und schließlich sei sein Amt als Chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das die deutschen Geheimdienste überwachen soll, eine mögliche Konfliktquelle.

Untersuchungsausschüsse dienten schon immer auch der Profilierung von Parteien oder einzelner Mitglieder. Das mag man für unangemessen halten, aber es gehört nun einmal zum Geschäft. Dass die Opposition Snowden hören will, war auch schon vor der Konstituierung des Ausschusses klar; Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist Binninger auch nicht erst seit gestern. Und welchen Nutzen schließlich die Aussage eines Zeugen hat, weiß man erst, wenn man sie gehört hat.

Ganz sicher weiß man jetzt schon, dass eine Anhörung Snowdens unweigerlich in vermintes Gelände führt: Der Mann sitzt derzeit in Moskau, nicht erst seit den Zeiten der Ukraine-Krise ein problematischer Ort, und wäre wohl doch viel lieber wieder im Westen, gern auch in der Bundesrepublik. Den Verbündeten in Washington wiederum gilt er als Staatsfeind Nummer eins. Diesem eine Bühne oder gar eine neue Heimat zu bieten führt unweigerlich zu Komplikationen im transatlantischen Verhältnis. Will das die Kanzlerin? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Will die Regierung wirklich wissen, wer alles wen belauscht hat und inwieweit auch unsere Geheimdienste in Informations-Austauschprogramme eingebunden sind oder waren? Es bleiben Zweifel. Der Rückzug Binningers sieht verdächtig nach Verzögerungstaktik aus – wo der Wille zur Aufklärung nötig wäre.