Im Prinzip schreiben wir adverbiale Fügungen getrennt, aber nicht, wenn sie verwandelt als Konjunktionen daherkommen

Solange ich krank war, so lange bist du bei mir geblieben. Glücklicherweise war ich, der als Witwer allein mit Hund auf dem Dorf lebt, seit Langem nicht krank, obwohl sich die Kollegen in Hamburg wegen meines Alters schon einmal Sorgen machen, wenn sie lange nichts von mir gehört haben. Doch hier geht es nicht um die Aussage des Satzes, sondern um die Schreibweise. Heißt es nun „solange“ oder „so lange“? Schreibt man zusammen, oder schreibt man getrennt?

Für die Rechtschreibung ist der Duden, der Wahrig oder sonst ein Wörterbuch zuständig. Schauen wir hinein – und wir sind danach, um mit Goethe und Faust zu sprechen, so klug „als wie“ zuvor. Da hätten wir auch gleich Radio Eriwan anrufen können, das jede Antwort bekanntlich mit der Floskel einleitete: „Im Prinzip ja, aber…“ Im Prinzip schreiben wir auseinander, aber wir können auch zusammenschreiben, jedoch bitte nicht fakultativ (austauschbar an derselben Stelle), sondern nach genauer Prüfung des Zusammenhangs und der Stellung im Satz. Demnach können wir nicht so oder so schreiben, sondern wir müssen genauso schreiben, wie es an bestimmter Stelle einzig richtig ist. Die Rechtschreibung hängt hier von der Grammatik ab. Die Grammatik ist der Teil der Sprachwissenschaft, der sich mit den sprachlichen Formen und deren Funktion im Satz beschäftigt, also mit dem Bau und den Gesetzmäßigkeiten einer Sprache.

Deshalb hilft auch die Generalamnestie nichts, die vor allem ältere Zeitgenossen sich selbst zu erteilen pflegen, wenn sie einen Deutschfehler gemacht haben: „Vor der Rechtschreibreform war das anders und klarer!“ Die Rechtschreibreform verbesserte, wie ihr Name besagt, die Rechtschreibung. Die Grammatik änderte sich nicht, auch im Hinblick auf unser Beispiel nicht. Der Duden versuchte jahrelang, die Zusammen- oder Getrenntschreibung von Wörtern durch die Kennzeichnung betonter und unbetonter Silben mithilfe untergestellter Punkte oder Striche zu regeln und tut das zum Teil noch heute so. Selbst als deutscher Muttersprachler und Germanist ist es mir niemals gelungen, Silben unterschiedlich zu betonen, wenn die Schreibweise von meinen Stimmbändern abhängen sollte. Wie könnten dann Grundschüler und Ausländer, die Deutsch als Fremdsprache lernen, ein Wort silbenweise unterschiedlich betonen, das sie gar nicht kennen!

Nein, es hilft nichts, wir müssen die jeweiligen Wortarten bestimmen und die Syntax, die korrekte Verknüpfung sprachlicher Einheiten im Satz, untersuchen. Zusammen schreibt man, wenn es sich um eine Konjunktion (um ein Bindewort) handelt, die einen Nebensatz einleitet: Solange du da bist, … Getrennt schreibt man, wenn wir es mit einer adverbialen Fügung zu tun haben: … so lange fühle ich mich wohl. Die Konjunktion solange kann keinen Hauptsatz einleiten, auch deshalb muss in unserem Beispielsatz erst zusammen- und dann getrennt geschrieben werden. Übrigens wird ein mit der Konjunktion solange eingeleiteter Nebensatz immer durch Komma vom Hauptsatz abgetrennt: Du kannst bleiben, solange du magst. Die adverbiale Fügung braucht nicht am Anfang eines Satzes zu stehen (die Konjunktion schon): Es dauert heute dreimal so lange wie gestern. Du hast uns so lange warten lassen, dass der Zug jetzt abgefahren ist.

Wir haben die Bedeutung und Schreibweise von solange/so lange aus einer Vielzahl von Konjunktionen, Adverbien und adverbialen Fügungen herausgegriffen. Selbstverständlich gelten die Regeln auch für andere Beispiele, etwa für soviel/so viel, sooft/so oft, soweit/so weit und sogar für sowenig/so wenig. Er weiß so wenig, dass er ausscheiden muss. Aber: Sowenig er auch weiß, er meldet sich immer wieder. Soweit ich mich erinnere, ist es gar nicht mehr so weit bis zum Hotel. Soviel ich erfahren habe, hat sie Urlaub. Aber: Er redet nicht so viel. In Einzelfällen sind beide Lesarten möglich: Sie können das Bad benutzen, sooft Sie wollen. Oder: Sie können das Bad benutzen, so oft und so lange Sie wollen.

Übrigens werden die Gradadverbien zu viel und zu wenig unabhängig von Betonung und Flexion immer getrennt geschrieben: Er erzählt zu viel. Besser zu viel als zu wenig. Du hast viel zu viel gesagt. Damit soll es genug sein. Sonst wird es zu viel des Guten.

Der Verfasser, 72, ist „Hamburgisch“-Autor und früherer Chef vom Dienst des Abendblatts. Seine Sprach-Kolumne erscheint dienstags