Hamburger gegen Gewalt – 20.000 Aufkleber und viele gute Ideen

Dass eine Zeitung die Leser aufruft, ihre Meinung zu Themen zu sagen, ist normal. Nicht normal, nein, außergewöhnlich war, was in den vergangenen Tagen passierte. Nachdem das Hamburger Abendblatt an dieser Stelle die Hamburger darum gebeten hatte, sich gegen Gewalt zu positionieren, startete eine Welle von E-Mails und Briefen, die auch in der langen Geschichte dieser Zeitung ihresgleichen sucht. Aus allen Ecken der Stadt, aus allen gesellschaftlichen Lagern und mit vielen klugen Gedanken sprachen sich Hamburgerinnen und Hamburger gegen Gewalt aus – und lösten damit eine Bewegung aus, die ganz Hamburg erfasste: Die Parteien unterstützten „Hamburger gegen Gewalt“ genauso wie Bürgermeister Olaf Scholz, wie Unternehmenschefs, Kirchenvertreter, Polizisten, Bürgervereine etc. Dutzende Vorschläge, wie man insbesondere die Situation um die Rote Flora befrieden könnte, liefen bei uns in der Redaktion genauso ein wie Augenzeugenberichte von Vorfällen auf der Reeperbahn und im Schanzenviertel.

Und Ideen, wie „Hamburger gegen Gewalt“ mehr werden könnte als eine E-Mail-Aktion, gibt es natürlich auch. Eine wird bereits an diesem Wochenende umgesetzt: Erstmals gibt es 20.000 Aufkleber mit dem im Hamburger Abendblatt veröffentlichten Logo im Zeitungshandel. Einfach abholen und an möglichst vielen auffälligen Stellen aufkleben! Eine große Hamburger Firma will zum Beispiel alle ihre Dienstwagen mit dem Slogan versehen. Anderswo wird über eine Kundgebung zum Beispiel auf dem Rathausmarkt nachgedacht. Ein Wunsch, der viele „Hamburger gegen Gewalt“ umtreibt. So wie Jan Schönowski, dessen Brief an dieser Stelle einmal ausführlicher zitiert werden soll, weil er viele Gedanken anderer Leser zusammenfasst.

Schönowski schreibt: „Seit dem vierten Advent frage ich mich: Wann kommt die Gegendemo? Eine Demo, bei der deutlich gemacht wird, dass wir gegen Gewalt sind. Dass die Polizei sicherlich nicht freudestrahlend in Einsätze (gegen Randalierer, d. Red.) geht und auch jetzt sicherlich bessere Beschäftigungen hätte, als ein Gefahrengebiet zu kontrollieren. Dass wir gegen die Demo- und Krawall-Touristen sind, die nur kommen, weil es vielleicht zu einer Prügelei mit der Polizei kommt, und nicht, weil es ihnen um die Sache geht. Dass die Zerstörung von fremden Eigentum keine willkommene Form des Protests ist. Und auch, dass wir alle unterschiedliche Meinungen haben können (und auch ruhig haben sollen), aber nur gewaltfreie Äußerungen Gehör finden.

Eine Demo, bei der wirklich die Mehrheit spricht – eine Mehrheit, der es reicht!! Die Mahnwache am 1. Januar mag ein Anfang gewesen sein, aber das war eben nur ein Anfang!

Wer nach wie vor behauptet, dass die Polizei für die Eskalation der Demonstration am 21. Dezember verantwortlich ist, soll doch erst einmal erklären, warum die friedlichen Demonstranten vermummt ihren Weg beschreiten wollten und warum so schnell Bengalos und Steine zur Hand waren. Ist es wirklich relevant, wo, wie oft und von wem die Polizisten verletzt oder angegriffen worden sind? Sie wurden verletzt – und mit Sicherheit nicht von irgendeinem Kollegen. Die Polizisten sind die Leidtragenden und werden nun auch noch von verschiedenen Parteien angegriffen.

Viele aus meinem Bekannten- und Freundeskreis fanden das Gefahrengebiet gerechtfertigt und sich keineswegs in ihren Rechten beschnitten – wohlgemerkt auch welche, die dort wohnen. (...) Zu einer Lösung der ursprünglichen Themen kommen wir so sicherlich nicht. Im Gegenteil: Die eigentlichen Themen der Demonstrationen sind nun in den Hintergrund geraten – war das wohl das Ziel der Proteste? Ob die Akzeptanz für die Rote Flora bei den Hamburgern in den letzten Wochen gestiegen ist?

In diesem Sinne: Was können wir tun?“