Der Tod der kleinen Yaya bewegt die Stadt. Warum sind Hamburgs Helfer so oft hilflos?

Am 9. Oktober 2010 wurde Yaya in Hamburg geboren, wenige Tage später kam sie zu ihrer (Pflege-)Mutter. Zwei Jahre hat das kleine Mädchen dort gelebt, hat essen und laufen, sprechen und lachen gelernt. Yaya hatte auch noch eine leibliche Mutter und einen leiblichen Vater, aber die waren in dieser entscheidenden Lebensphase nicht bei ihr. Als Yaya am 18. Dezember 2013 in Hamburg starb, lag die Dreijährige morgens um kurz nach 5 Uhr in der Wohnung ihrer leiblichen Eltern im Wohnzimmer. Der Notarzt stellte am ganzen Körper Blutergüsse fest, die Todesursache war ein Leberriss. Das Mädchen ist qualvoll innerlich verblutet.

Schon wieder ist in Hamburg ein kleines Mädchen gestorben, das von verschiedenen staatlichen Stellen betreut worden ist. Michelle in Lohbrügge und Jessica in Jenfeld, Lara Mia und Chantal in Wilhelmsburg – seit 2004 erschüttern immer wieder Fälle von vernachlässigten und misshandelten Kindern diese Stadt.

Jeder Fall liegt anders, und bei der Tragödie um Yaya gibt es derzeit noch mehr Fragen als Antworten. Und doch scheint es so, als sei Hamburg nicht in der Lage, seine Kinder so zu schützen, dass sich solche furchtbaren Todesfälle nicht wiederholen.

Warum ist das so? Wie dicht ist das Netz der Hilfe für Hamburgs Kinder und Jugendliche?

Bei näherem Hinsehen gibt es eine Unmenge von Angeboten für die Jugend- und Familienhilfe. Allgemeiner Sozialer Dienst und Erziehungsberatung, Kinderschutz und Familientherapie, Mütterberatung und AntiAggressions-Training, Familieninterventionsteam und Kinder- und Jugendnotdienst, Kinderschutzhäuser und eine Unmenge von freien Trägern. All diese Stellen sind vernetzt und arbeiten mit Schulen und Kitas, Polizei und Jugendgerichtshilfe, Hebammen und Kinderärzten zusammen.

Und doch sterben immer wieder kleine Kinder in dieser Stadt, weil an irgendeiner Stelle fatale Entscheidungen getroffen werden. Aus Überforderung, Überlastung, Unvermögen oder aus ängstlichem Wegsehen?

Es gibt einen sehr aufschlussreichen Bericht der Universität Koblenz über die Organisationsstrukturen der Allgemeinen Sozialen Dienste der Kinder- und Jugendhilfe in Hamburg – aufgegliedert nach den einzelnen Bezirken. Der Bericht ist aus dem Jahre 2012, und über den Bezirk Eimsbüttel ist zu lesen, dass sämtliche ASD-Mitarbeiter eine „Negativspirale aus Kontrolle und Überlastung“ erleben. Der Grund dafür sei ein sehr hoher Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand sowie „immer neue Programme zur Verbesserung der Organisation der fachlichen Arbeit“. Den wachsenden Anforderungen an Kontrolle, Verwaltung, Hausbesuchen, Beratungsgesprächen und Netzwerkarbeit stehe keine Entlastung gegenüber – was zu „Schuldzuschreibungen, Irritationen, Überforderung und Frust führe“. Dann folgt der Satz: „Dabei komme man kaum noch in die Familien, was die Möglichkeit der realistischen Einschätzung, ob und was wann zu tun sei, sehr einschränke.“

Neben Eimsbüttel ist auch das Jugendamt Mitte mit dem Fall Yaya befasst. Als die (Pflege-)Mutter im Januar dieses Jahres ihr schwer verletztes Kind von den leiblichen Eltern abholte und ins Krankenhaus gebracht hat, kam das Mädchen anschließend in staatliche Obhut. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen des Verdachts der Kindesmisshandlung. Die Ermittlungen wurden im November eingestellt – doch schon im August entschied ein Gericht, das Mädchen zu seinen leiblichen Eltern zurückzuführen. Wie kann das sein? Welche Informationen vom Jugendamt hatte das Gericht, um diese Entscheidung zu treffen? Eine Entscheidung, die für Yaya tödlich gewesen ist.

Versprochen wird, wieder einmal, eine lückenlose Aufklärung des Falls. Für Yaya kommt sie zu spät.