In der Renten-Debatte wird die Generationengerechtigkeit vergessen

Hamburg hat die ärmsten Rentner Deutschlands – und gleichzeitig die reichsten. Denn in der Stadt mit den meisten Millionären leben naturgemäß auch die meisten vermögenden Ruheständler. Man mag diesen kleinen Ausriss aus vielen Statistiken über den Lebensstandard bedeutsam finden oder nicht. Die große Mehrheit der Durchschnittsbürger profitiert ohnehin vom relativen Wohlstand in einer der wirtschaftsstärksten Metropolen Europas. Diese Normalos verdienen gute Löhne und Gehälter, nutzen die vergleichsweise starke Infrastruktur und genießen den hohen Freizeitwert der Stadt. Sie prägen außerdem den bürgerschaftlichen Geist Hamburgs.

Und der ist seit Jahrzehnten von großzügigem privaten Engagement beseelt. So kommt es, dass in diesen Tagen prominente Hamburger einer Aktion der Arbeiterwohlfahrt ein Gesicht geben, die armen Senioren in den Stadtteilen finanziell unter die Arme greift. Es geht um das Altern in Würde, und das hat auch mit der Rente zu tun.

Die ist nur sicher, wenn man jahrzehntelang in das international beachtete deutsche gesetzliche Rentensystem eingezahlt hat. Auch wenn die OECD die auf Otto von Bismarck zurückgehende Rentenversicherung kritisiert, gibt es im europaweiten Vergleich in Boom und Krise keine besser funktionierende gesetzliche Altersversorgung. Allerdings – und hier kommen die armen Rentner ins Spiel – ist unser Generationenvertrag ernsthaft bedroht.

Da die Zahl der Kinder abnimmt, wird es weiter Abstriche bei den Renten geben. Darum wird die private Altersvorsorge staatlich gefördert. So viel Eigenverantwortung muss man verlangen. Im Kern waren die Riester- und Rürup-Reformen goldrichtig. Nur der Sozialismus – zu Recht ein Auslaufmodell – hat anstrengungslose Ruhestandsbezüge garantiert.

Aber muss der Staat dafür sorgen, dass alle eine auskömmliche Rente haben? Wie beim früheren Lohnabstandsgebot zwischen Sozialhilfe und Geringverdienern sollte gelten: Wer in die Rentenkasse eingezahlt hat, muss am Ende deutlich mehr haben als der ohne Beiträge.

Die relativ wenigen Fälle von Erwerbsminderungsrenten lassen sich solidarisch finanzieren. Schwierig ist es bei „gebrochenen Erwerbsbiografien“, bei Menschen, die mal arbeiten, mal nicht. Ihnen fehlt oft das Geld für eine private Altersvorsorge. Sie brauchen deutlich mehr transparente Anreize. Der Riester-Beipackzettel mit Risiken und Nebenwirkungen, nur ein kleines Instrument dazu, ist längst überfällig.

Man versetze sich einmal in die Lage der jungen Leute am Beginn ihres Arbeitslebens. Ihnen wird von der älteren Generation vorgehalten, ihre Rente sei nun überhaupt nicht mehr sicher. Oft hangeln sie sich von Job zu Job, ehe sie dauerhaft und in sinnvoller Höhe in die Rentenkasse einzahlen.

Gleichzeitig sehen sie, dass die Renditen für die private Altersvorsorge bescheiden sind. Und in Betongold zu investieren – davon halten sie nichts wegen des berechtigten Verdachts auf eine Immobilienblase vor allem in Hamburg.

Obendrein verabschiedet in diesen Tagen die künftige Große Koalition einen Regierungsplan, der Wohltaten für Ältere vorsieht wie die neue Mütterrente. Und diese soll aus Beiträgen finanziert werden. Nicht etwa aus dem gesamten Steuertopf, in den auch Beamte, Selbstständige und übrigens ebenso Millionäre einzahlen.

Das ist Politik auf Kosten der Jungen. Es ist der gefühlte Abschied von der Generationengerechtigkeit. Wenn die große Keule über den Wandel der Demografie in Deutschland geschwungen wird, denkt kaum jemand an die, die eine alternde Gesellschaft mit ihrer Arbeitskraft, ihren Ideen und ihrem Engagement einmal schultern müssen. Bitter!