Im Hafen entsteht ein Windpark – eine der wenigen guten Nachrichten zur Energiewende

Es ist nicht einmal zehn Jahre her, da war die Windenergie klinisch tot. Der Hamburger Technologieführer Repower suchte einen finanzkräftigen Partner und stieß überall auf Ablehnung. Man investiere nicht in Waffen, Drogen und Windenergie, bekam der damalige Vorstandschef Fritz Vahrenholt zu hören. Und eines der wenigen Großwindräder wollte der damalige Stadtentwicklungssenator Michael Freytag gar für die IGS abbauen lassen, weil es den Gesamteindruck der Blumenschau störe. Ein Jahrzehnt und eine Energiewende später hat sich der Wind radikal gedreht. Überall laufen die Rotoren; und nun setzen sogar Unternehmen auf Windanlagen zur Selbstversorgung. Eurogate baut einen Windpark im Hafen, das Aluminiumwerk von Trimet erwägt ebenfalls eigene Räder.

Die Wirtschaft, einstmals Bremser und Mahner beim überstürzten Ausstieg aus der Atomenergie, wird zum Motor der Energiewende. So weit die guten Nachrichten. Nun die schlechten. Wirklich rund läuft das nationale Großprojekt nicht. Das liegt auch am ungesteuerten Ausbau der Windenergie. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das 2000 zu Recht jungen Technologien zur Marktreife verhelfen sollte, ist längst zu einem absurden Umverteilungsprogramm geworden. Vermögende Investoren erzielen dank der über 20 Jahre garantierten Vergütungen Traumrenditen, die Deutschlands Privathaushalte – Rentner wie Familien, Minijobber wie Millionäre – über den Strompreis finanzieren. Regierung und Opposition wissen um das Missverhältnis und die Fehlsteuerung, doch im Wahlkampf mag man sich nicht mehr einigen.

Zudem bastelt jedes Bundesland an seiner eigenen Energiewende. Den Euro retten die Deutschen mit ihren Partnern international, die deutsche Energiewende scheitert föderal. Bayern etwa möchte sich zu 100 Prozent selbst versorgen, das windarme Baden-Württemberg in Zukunft zehn Prozent über Rotoren erzeugen. Den Landespolitikern geht es um die Wertschöpfung vor Ort – und um die Kontrolle der Energieversorgung, die noch immer das Fundament des Industrielandes Deutschland bildet. Deshalb werden derzeit die halbe Republik verspargelt und Windleistungen geplant, die kein Mensch und kein Land benötigen. Der „Spiegel“ rechnet vor, dass inzwischen Flächen ausgewiesen werden, die 80 Prozent Ökostrom ermöglichen – obwohl nur 35 Prozent bis zum Jahr 2020 angestrebt sind.

Das grenzenlose Wachstum der Rotoren an Land machen Offshore-Anlagen mehr und mehr zu einem Schlag ins Wasser. Eigentlich wollte die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 Windparks im Meer mit einer Kapazität von rund zehn Atomkraftwerken errichten. Für den Küstenraum wäre das eine gigantische Konjunkturspritze: Werften bauen Spezialschiffe, die Häfen profitieren vom Umschlag, die Region von Bau und Wartung der Anlagen. Ein ganzer zukunftsfähiger Industriezweig entstünde im Norden. Inzwischen aber haben technische Probleme und Verzögerungen die Begeisterung in Berlin abflauen lassen, der Chef des Bundesumweltamts will die Ziele schon zurückdrehen. Lauten Widerspruch erntet er nicht. Der Norden droht seine große Chancen bei der Energiewende zu verspielen.

Dabei geht es bei der Entscheidung um weit mehr als um Standortpolitik – es geht um die zentrale Frage, woher die Grundlast, der Strom, kommen soll, wenn Flaute herrscht und die Sonne eben nicht über Deutschland scheint. Auf See weht der Wind stärker, gleichmäßiger und ohne große Hindernisse. Die Ausbeute ist damit wesentlich größer als in Süddeutschland, zudem hält sich die „Verspargelung der Landschaft“ auf hoher See in Grenzen. Windanlagen gehören dahin, wo sie leisten und nicht stören – also auf die See, in den Hafen oder Industriegebiete.