Hamburgs Ärzte und Kassen sollten sich im Streit mäßigen

So weit musste es nicht kommen in der Auseinandersetzung zwischen den Hamburger Ärzten und den Krankenkassen. Demonstrationen, verbale Aufrüstung, Streik — in dieser Schärfe haben sich die Verhandlungspartner noch nie gestritten. In der Medizinmetropole Hamburg ohnehin nicht. Vordergründig geht es um ein sattes Honorarplus.

Eigentlich könnte man mit mehr Geld für die Ärzte den Protest befrieden, unter dem perspektivisch auch die Patienten leiden. Denn die Krankenkassen haben Milliarden in Reserve. Aber das Geld gehört den Versicherten. Also weiterreichen an die Ärzte? Als Wertschätzung, Belohnung für gute und viel Arbeit, die sich in Euro und Cent ausdrückt?

Damit könnte die tiefer liegende Problematik zugekleistert werden. Es rumort dermaßen im deutschen Gesundheitswesen, dass jeder Akteur um seine Position und die wenigen Pfründe bangt, die es noch zu verteilen gibt. Hier die Fakten: Die Gesellschaft altert, Gesundheit wird immer mehr kosten. Das zahlen immer weniger. Noch schafft es eine florierende Wirtschaft, das Kassensystem aufrechtzuerhalten. Deutschlands gewaltige Innovationskraft in der Medizin, bei Arzneimitteln, bei ärztlichem Know-how muss allen Bürgern zugute kommen. Dazu braucht man auch Solidarität, denn krank oder pflegebedürftig zu werden ist ein Schicksal.

Die Experten in Kassen, Ärzte, Krankenhäuser, Pharmafirmen müssen aufrichtig verhandeln. Stattdessen Schuldzuweisungen, Kampagnen, Häme. Krankenkassen mokieren sich über Ärzte. Die wollen sich als Freiberufler zu Recht nicht reinreden lassen.

Gerade in Hamburg profitieren Patienten von weitsichtigen Doktoren, die lieber auf Prävention heute statt auf Reparatur in einigen Jahren setzen. Kinderärzte und Hausärzte gehen am Stock. Und die Psychotherapeuten können nicht einfach aus einem großen Topf vergütet werden. Die Zahlen der Frühverrentungen wegen Seelenleiden sind nicht mehr hinnehmbar. Es ist Zeit, dass sich Ärzte und Kassen auf ein Honorarplus einigen, das leicht über dem der Bundesebene liegt. Das wäre im Sinne der Patienten.