Eine Stellenbeschreibung für den Nachfolger von Frank Arnesen: Bitte keine Traumtänzer und Selbstdarsteller mehr.

Kontinuität war das Zauberwort, als der HSV jüngst seine mageren titellosen Jahre endlich hinter sich lassen und zu neuen Erfolgen aufbrechen wollte. Ein schönes Ziel, allein, es blieb wieder einmal beim Vorhaben. Die Trennung von Sportchef Frank Arnesen hat den Traditionsclub von der Rothenbaumchaussee erneut um Jahre zurückgeworfen, viele Mitglieder und Fans einmal mehr desillusioniert. Der HSV kommt einfach nicht zur Ruhe, mag sich die Vereinsführung um Carl-Edgar Jarchow auch noch so sehr bemüht haben. Der Aufsichtsrat sitzt am längeren Hebel und hat die Reißleine gezogen, weil das Vertrauen in die Arbeit des Dänen verloren gegangen ist.

Und nun, HSV? Wer folgt auf Arnesen? Jörg Schmadtke? Felix Magath? Dietmar Beiersdorfer? Oder ein ganz anderer? Ich wünsche der Dame und den zehn Herren des HSV-Aufsichtsrates ein glückliches Händchen. Sie alle können Geschichte schreiben, indem sie endlich einmal einen kompetenten Mann finden, der nach Hamburg und zu den drei großen Buchstaben passt. Einen Mann mit Klasse, Können und dem fachlichen Blick, dem es gelingt, den angeschlagenen Riesen HSV wieder auf die Beine zu stellen.

Der Mann muss nicht bei Real Madrid oder beim FC Barcelona gearbeitet haben, auch nicht beim FC Chelsea. Ich wünsche mir einen echten Experten, der sich im deutschen Fußball auskennt, und zwar in allen Facetten. Ich wünsche mir keinen Traumtänzer, der die größten Sprüche klopft und die dicksten Rosinen vor sich herträgt. Es muss ein "geerdeter" Mann sein, der bereit ist, Tag und Nacht sein Bestes für den HSV zu geben.

Ich wünsche mir einen Sportdirektor, der im Team arbeiten kann und will. Der nicht sein eigenes Süppchen kocht, sondern gemeinsam versucht, den Karren aus dem Sumpf zu ziehen. Bei Arnesen war es doch so: Er hat die Spieler gekauft, die er haben wollte. Nicht einer der HSV-Scouts wurde in den letzten zwei Jahren gehört oder um Rat gefragt. Arnesen hat aus den Einkäufen eine One-Man-Show gemacht - so etwas darf sich nicht wiederholen.

Frank Arnesen brachte im Schlepptau auch Männer mit zum HSV, die bestens mit dem englischen Fußball vertraut waren, die hier aber ohne Kenntnisse des deutschen (Nachwuchs-)Fußballs den Talentschuppen Ochsenzoll auf die Beine stellen sollten. Wie sollte das funktionieren? Es hatte ja vorher schon jahrelang in dieser "Geldvernichtungsmaschine", so der frühere HSV-Chef Bernd Hoffmann, nur erbärmlich oder überhaupt nicht funktioniert. Dabei hatten sich sogenannte deutsche Talentspäher oder Nachwuchs-Experten an diesem Job versucht. So war es jetzt, mit Arnesens "englischem Team", kein Wunder, dass der Bereich, aus dem sich der HSV Nachschub für die Bundesliga-Mannschaft erhoffte, nicht nur stagnierte, sondern sich sogar stetig zurückentwickelte. Siehe Regionalliga Nord, siehe A-Jugend-Bundesliga.

Dass - ganz nebenbei - mit Levin Öztunali das nach Meinung vieler Experten vielleicht größte HSV-Talent seit Jahren nicht in Hamburg gehalten werden konnte, ist nur noch das i-Tüpfelchen in dieser verkorksten Geschichte.

Ich wünsche mir einen Mann, der nicht großspurig mit einem 15-Mann-Team antritt und dem HSV so wieder Millionen aus der leeren Kasse zieht. Ich möchte hier einen Mann herumwirbeln sehen, der die Raute im Herzen trägt, der konsequent seinen Weg geht, der genau weiß, was er will. Einen, der erkennt, ob er Männer vorgefunden hat, mit denen es sich lohnt, den Weg gemeinsam zu gehen. Der zum Wohle des HSV antritt und nicht, um das eigene Ego zu stärken. Einen Mann, der nicht für die Galerie arbeitet, sondern der erkennt, wo er den Hebel anzusetzen hat.

Ich möchte keine Traumtänzer mehr erleben, eitle Selbstdarsteller, die sich auf ihrem Namen ausruhen, sogenannte Experten, die in Wahrheit nur Fachleute fürs Kassieren sind. Ich möchte einmal einen Sportchef sehen, der Biss hat, der mitreißen und begeistern kann, der dem HSV und aller Welt beweisen will, dass es geht.

Ich bin überzeugt, liebe Aufsichtsräte, dass meine Vorstellungen vom neuen HSV-Sportchef keine Fantasie bleiben müssen. Es gibt diesen Mann, da bin ich sicher. Man muss nur genau hinsehen. Und dann voller Überzeugung zugreifen.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab