EU kann Situation der Roma verbessern - und profitieren

Die Romantiker Ende des 18. Jahrhunderts bewunderten die "Zigeuner" für ihre Freiheit und Ungebundenheit, das Bild der Roma wurde verklärt zu einer Welt des Geheimnisvollen, der Magie. Ihre "schwarzen Seelen" würden sie verbergen durch ihre nomadische Lebensweise. In diese Faszination mischte sich immer wieder auch Verachtung. Europas Roma wurden verfolgt und ermordet. So beschreibt es Klaus-Michael Bogdal im Buch "Europa erfindet die Zigeuner".

Damals wie heute standen Roma nicht außerhalb der europäischen Kultur, sie waren und sind Teil von ihr. Und doch steht Europa vor einer Herausforderung. 200 Jahre nach der Romantik, 70 Jahre nach der Verfolgung der Sinti und Roma im sogenannten "Dritten Reich" werden sie in Europa noch immer ausgegrenzt und in Armut gedrängt - vor allem in Staaten wie Mazedonien und Serbien. Aber auch in EU-Ländern wie Bulgarien und Rumänien. Roma kommen nach Deutschland, weil jeder EU-Bürger in jedem EU-Land inzwischen Arbeit aufnehmen darf. Sie sehen hier eine Chance auf ein besseres Leben.

Die Politik der EU hat nun viele Möglichkeiten darauf zu reagieren. Die schlechteste: die Grenzen wieder dicht machen. Errungenschaften eines friedlichen Europas stünden auf dem Spiel.

Die Entscheider der Europäischen Union haben einen Fehler gemacht, den sie nun ausbügeln müssen: Zu früh nahmen sie Rumänien und Bulgarien auf. Hoffnungen auf mehr Rechtssicherheit von Minderheiten wie Roma erfüllten sich nicht. Nun fehlt der EU ein wichtiges Druckmittel auf die Regierungen in den neuen EU-Staaten. An zwei Fronten müssen EU, die Einzelstaaten und die Roma selbst nun die Situation verbessern: zum einen in den Herkunftsländern. Wer in seiner Heimat eine Perspektive hat, will dort auch leben. Und nicht quer durch Europa nach Arbeit suchen. Zudem können wir hier vor Ort Zuwanderung in Zeiten des Fachkräftemangels nutzen. Roma sind keine Migranten zweiter Klasse. Allein in Hamburg leben fast 8000 Roma seit vielen Jahren. Sie arbeiten auch als Ärzte und Anwälte. Auch die Roma, die heute verarmt kommen, haben Kinder. Sie sind die Ärzte von morgen.