Mittelmaß darf nicht der Anspruch sein. Ein Sieg in Düsseldorf wäre ein Anfang. Dieter Matz mit seiner aktuellen Freitags-Analyse.

Fest steht und treu die Wacht, die Wacht am Rhein! So dichtete Max Schneckenburger bereits im Jahre 1840, genau 47 Jahre vor der Gründung des HSV. Aber wenn dieser HSV, Tabellenneunter der Fußball-Bundesliga, heute Abend vom Gastspiel beim Tabellen-16. Fortuna Düsseldorf am Rhein mit drei Punkten zurückkehrt, wäre das eine Wucht. HSV-Trainer Thorsten Fink hatte von seiner Mannschaft sieben Punkte aus den drei Spielen in Freiburg, gegen Mainz und eben in Düsseldorf gefordert. Und dazu müssen die Hamburger bei der Fortuna gewinnen.

Eigentlich müsste das auch der Normalfall sein, denn die beiden Teams trennen Welten. Vom Renommee her, von den Spielern, erst recht vom Etat. Millionen liegen zwischen den Gegnern. Doch sportlich trennen beide Vereine derzeit nur sechs Punkte. Und sowohl HSV-Spieler als auch ihr Trainer haben behauptet: "Wir treffen auf Gegner, die uns auf Augenhöhe begegnen."

Daraus ergibt sich die Frage: Wie lange will sich der HSV noch selbst einlullen? Auf Augenhöhe mit Freiburg, Mainz und Düsseldorf? Da stimmt doch etwas nicht. Der HSV hat neben dem großen FC Bayern am meisten für neue Spieler ausgegeben. Er verfügt über Spieler wie René Adler, Rafael van der Vaart, Milan Badelj und Petr Jiracek. Heiko Westermann, Dennis Aogo, Marcell Jansen, Maximilian Beister und Tolgay Arslan sind deutsche Nationalspieler, die anderen spielen für die Niederlande, Lettland, England, Schweden, Kroatien, Venezuela, Italien, Österreich, Südkorea und Norwegen. Und dann nur auf Augenhöhe? Wenn ich nach besser besetzten Mannschaften suche, fallen mir nur noch Bayern, Dortmund und Schalke ein.

Es wird also langsam wieder einmal Zeit, dass der HSV andere Töne anschlägt. Sieben Punkte aus drei Spielen - das war schon mal der Versuch, etwas mehr Druck aufzubauen. Aber hatte nicht Trainer Fink in den ersten Wochen seines Wirkens in Hamburg vollmundig verkündet: "Ich bin kein Mann fürs Mittelmaß"? Wer jetzt von Augenhöhe spricht und einen Platz unter den Top ten als Ziel ausgibt, bietet den Spielern das beste Alibi. Die Profis spielen dann auch nur wie ein Tabellenzehnter. Sportchef Frank Arnesen sprach kürzlich erst für 2013/2014 von einem internationalen Startplatz.

Da muss mehr kommen. Der HSV kann sich nicht immer darauf verlassen, dass Adler wie ein Weltmeister hält, dass Westermann alles klärt, was nach Gefahr aussieht. Auch ein Könner wie van der Vaart hält nicht immer die Fäden in der Hand. Wann übrigens trat Rafael van der Vaart zuletzt wie ein Regisseur auf? Das ist schon lange her. Immer noch muss dieser Weltklasse-Mann mit dem fantastischen linken Fuß für zwei spielen. Eigentlich sollte es weniger den Arbeiter van der Vaart geben, dafür mehr den genialen Spielmacher.

Der HSV und vornehmlich seine Profis sollten sich darauf besinnen, dass sie selbst die Initiative ergreifen müssen und nicht nur auf die Ideen eines van der Vaart warten. Sie sollten daran denken, dass sie durchaus fürstlich bezahlt werden, auf dem Niveau einer Spitzenmannschaft eben.

Deswegen wäre es durchaus erfreulich, wenn der HSV heute Abend in Düsseldorf den Sieben-Punkte-Plan erfüllt und den Unterschied zwischen einem Aufsteiger und einem ambitionierten Traditionsverein dokumentiert. Die Wucht am Rhein eben.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab