Der Ausbau der A 1 zeigt, wie große Bauprojekte zukünftig organisiert werden können

Die Elbphilharmonie und der neue Berliner Flughafen haben mindestens drei Gemeinsamkeiten: Bauherr ist in beiden Fällen der Staat, die Kosten explodieren regelrecht und niemand ist wirklich überrascht darüber. Der Vorgang ist weitgehend ritualisiert: Eine Regierung stößt ein angeblich epochales Vorhaben an, eine Parlamentsmehrheit segnet es ab. Und dann warten alle Beteiligten gottergeben darauf, dass es so kommt wie fast immer. Die Politiker haben immer weitergehende Wünsche, die Baufirmen melden zusätzlichen Finanzbedarf an, und die Politik tut empört.

Früher oder später einigen sich die Parteien, meist außergerichtlich. Weswegen leider auch nur selten klar wird, wer da nun am Ende wen über den Tisch gezogen hat oder ob da nur augenzwinkernd ein Theaterstück aufgeführt wird, um das Publikum zu beruhigen.

Dass es auch anders geht, erweist sich in diesen Tagen beim Ausbau der Autobahn 1 zwischen Hamburg und Bremen. Drei Monate früher als vereinbart und nach einer rekordverdächtig kurzen Bauzeit von vier Jahren gibt es wieder freie Fahrt auf einer 72,5 Kilometer langen Strecke. Weil bei diesem Pilotprojekt der private Investor das Risiko trägt, kann Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am 11. Oktober entspannt anreisen und sich dafür feiern lassen, dass die Politik sich ausnahmsweise mal weitgehend herausgehalten hat.

Wer nach den Ursachen sucht dafür, dass auf der A 1 alles vergleichsweise glattgegangen ist, der wird schnell fündig. Die Politik hat im Ausschreibungsverfahren klar festgelegt, welche Leistungen sie erwartet. Im Gegenzug war es allein Sache des Baukonsortiums, wie sie diese Vorgaben umsetzt. Der Vertrag schloss aus, dass die Politik sich ins operative Geschäft einmischt mit zusätzlichen Wünschen. Wer sich im Laufe der vergangenen vier Jahre selbst in schwierigen Wintermonaten mit Eis und Schnee auf der Baustelle umsah, der stieß auf Projektmanager, die es genossen, dass weder die staatliche Landesstraßenbauverwaltung noch andere Behörden ihnen permanent auf den Füßen standen, mit Paragrafen winkten und Sand ins Getriebe streuten.

Das Projekt A 1 bietet Anschauungsmaterial in Sachen Marktwirtschaft über den Einzelfall hinaus. Was machen eigentlich Politiker an den Schaltstellen von Aufsichtsräten? Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und sein Brandenburger Amtskollege Matthias Platzeck wirken inzwischen wie zwei traurige Gestalten, wenn sie mal wieder eine Startverschiebung für den Flughafen verkünden und milliardenschwere Zusatzkosten kleinreden. Und die Hamburger Politiker gleich welcher Couleur machen etwa bei der Elbphilharmonie keinen besseren Eindruck. Und ja, auch der JadeWeserPort ist alles andere als ein Ruhmesblatt für die Politik, auch wenn der neue Tiefwasserhafen jetzt endlich eröffnet werden konnte.

In allen drei Fällen ist die enge Verwobenheit von Politik und Industrie statt klarer Aufgabentrennung der Kern des Problems. Die Ursachen für Verschwendung sind nicht mehr klar erkennbar, also kann auch niemand dafür zur Verantwortung gezogen werden. Der fatale Eindruck: Pack schlägt sich und Pack verträgt sich - letztlich zulasten der Steuerzahler.

Einen Haken aber hat das Autobahnmodell doch: Wer da letztlich einen Reibach macht, erschließt sich wegen der Vertraulichkeit der Verträge weder dem Publikum noch den Parlamentariern, die diese Projekte absegnen müssen. Die klare Aufgabenteilung zwischen politischer Vorgabe und Realisierung in Eigenregie der Unternehmen muss also ergänzt werden um ein transparentes Verfahren. Das Etatrecht des Parlaments ist der Kern jedes demokratischen Systems und darf auch wegen sinnvoller Projekte nicht infrage gestellt werden.