Der Hamburger Senat kündigt eine langfristige Sparpolitik an - Konkretes fehlt noch

Man muss nicht gleich bei Adam und Eva anfangen, aber ein Rückblick bis in die 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts hilft, die Dimension der Verschuldung öffentlicher Haushalte zu verstehen - in Deutschland, in anderen Ländern, auch in Hamburg. Damals, in der vergleichsweise noch jungen Bundesrepublik, klafften die Einnahmen aus Steuern und die öffentlichen Ausgaben zum ersten Mal weit auseinander. Rezessionen erschütterten das Wirtschaftswunderland, aber der Lebensstandard sollte doch weitgehend gehalten werden.

Als die Schülerzahlen infolge des Pillenknicks drastisch sanken, wurden in Hamburg die Schulklassen verkleinert und nicht etwa die Zahl der Lehrer verringert, was dem Unterricht sicherlich zugute kam, aber teuer war. In den 90er-Jahren schlug die Finanzierung der deutschen Einheit dann mit voller Wucht zu Buche. Die Beispiele zeigen: Es war gesellschaftlicher Konsens, die Schuldenspirale in Gang zu setzen.

Und lange lief die Sache ziemlich geräuschlos, weil nicht zuletzt die Beschaffung des Nachschubs funktionierte. Der Bund, die Länder galten eben als kreditwürdig. Viele Jahre wurde die eher akademische Debatte geführt, ob der Staat überhaupt pleitegehen kann. Heute reicht der Blick nach Griechenland oder Italien, um die Antwort zu finden.

Die Schuldenuhren sind längst in Höhen geschnellt, die die Vorstellungskraft des Einzelnen sprengen. Der Stadtstaat Hamburg steht - alle Neben- und Schattenhaushalte eingerechnet - mit rund 40 Milliarden Euro in der Kreide. An eine Rückzahlung der Schulden ist noch lange nicht zu denken. Allein die Zinslast erdrückt den Haushalt schon beinahe - 2010 musste mehr als eine Milliarde Euro aufgewendet werden.

Wenn Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher jetzt ein Einnahmeplus von 290 Millionen Euro für 2011 und 2012 auf der Basis der November-Steuerschätzung meldet, dann bedeutet das angesichts des Riesen-Schuldenbergs - fast nichts. Der SPD-Senat setzt folgerichtig auf langfristiges Sparen, und das ist vernünftig. Bis 2020 soll die Nulllinie erreicht sein: Die Ausgaben sollen die Einnahmen nicht mehr überschreiten.

Bürgermeister Olaf Scholz und die SPD wollen das Ausgabenwachstum auf jährlich maximal ein Prozent begrenzen. Das klingt nach wenig, ist aber doch ein recht ambitioniertes Sparprogramm, wenn man die zu erwartenden Tarifabschlüsse und die Inflationsrate berücksichtigt, die deutlich über einem Prozent liegen dürften. Zwei Punkte stören das Gesamtbild jedoch beträchtlich: Erstens nimmt der Senat als Ausgangspunkt für sein Ein-Prozent-Wachstum den letzten schwarz-grünen Haushaltsplanentwurf. Der tatsächliche Haushaltsabschluss am 31. Dezember wird aber wohl ein paar Hundert Millionen Euro darunterliegen. Die Differenz zwischen Soll und Ist gibt ein schönes Polster ab, um in den Folgejahren allzu dramatische Einschnitte abzufedern. Sehr mutig ist das nicht.

Zweitens: Bislang hat der Senat nur beschrieben, in welchem Umfang er sparen will. Noch ist völlig offen, wo der Rotstift angesetzt werden soll. Ein Beispiel: Scholz hat angekündigt, dass der Personalbestand im öffentlichen Dienst um jährlich mindestens 250 Stellen gesenkt werden solle. Je höher die Tarifabschlüsse ausfallen, desto mehr Personal müsse abgebaut werden. Wo der Bürgermeister und sein Finanzsenator noch Luft im Verwaltungsapparat sehen oder welche Aufgaben sie für verzichtbar halten, haben beide bislang nicht gesagt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern kann Hamburg den Weg der Konsolidierung aus eigener Kraft gehen. Die Wirtschaftsleistung der Stadt ist nach wie vor beeindruckend mit Folgen für die Steuereinnahmen. Politiker und die Bürger müssen diesen Weg nur auch gehen wollen.