Schreckensmeldung für Hamburg

1. Dezember: Traum­schiffe laufen Hamburg 200-mal an. Im nächsten Jahr werden 800.000 Kreuzfahrt-Pas­sa­­giere erwartet

Ist das eine gute Nachricht für die Hamburger? Wohl eher eine Schreckensmeldung. Es bedeutet einen Rekord an Umweltverschmutzung. „Nicht relevant“? Kreuzfahrtschiffe werden mit Schweröl, dem letzten Dreck aus der Raffinerie, angetrieben, und Landstrom im Hafen gibt es in Hamburg so gut wie gar nicht. 800.000 Passagiere geteilt durch 200 Schiffe bedeutet im Schnitt 4000 Passagiere pro Schiff. Die Schadstoffemissionen eines Schiffs mit 4000 Passagieren entsprechen ca. 350.000 Kraftfahrzeugen bei vergleichsweise mehr als 700.000 in Hamburg zugelassenen Fahrzeugen. Ein Albtraum! Die Tage der „Cruise Days“ im September sollte man wohl besser nicht in Hamburg verbringen. Und was bringen Kreuzfahrtschiffe der Hamburger Wirtschaft? Wohl kaum die von der Handelskammer propagierten 540 Euro pro Passagier, die immer wieder zur Rechtfertigung der Kosten für den Bau und die Unterhaltung von Terminals auf Kosten der Steuerzahler herangezogen werden. Untersuchungen der Uni Bergen in Norwegen haben für den dortigen Hafen 66 Euro Einnahmen pro Kreuzfahrtpassagier erbracht. Die amerikanische Kreuzfahrtreederei Royal Caribbean geht von 86 US-Dollar an Ausgaben pro Passagier an Land aus.

Helgo Klatt, Hamburg

Espressogenuss aus der Tasse

30. November: Ein Becher für alle. Warum Hamburg bei Kaffee alles richtig macht

Wenn man es für einen Ausdruck von Freiheit und für ein großstädtisches Lebensgefühl hält, überall und jederzeit beim Schlendern durch die Stadt Kaffee trinken zu können, sollte man sich nicht wundern, wenn diese Freiheit ausgedehnt wird auf die schnelle Entsorgung des lästigen leeren Bechers – und sei es in den nächsten Vorgarten. Ich stehe vielleicht nicht ganz allein, wenn ich sage, dass für mich ein Espresso dann ein Genuss ist, wenn er in einer Tasse serviert wird. Ich habe dann auch die Zeit, ihn im Sitzen zu genießen. Wie kann man von dem, der seinen Kaffee auf dem Gang zur Arbeit trinkt, um Zeit zu sparen, erwarten, dass er seinen Becher für alle irgendwohin zurückbringt, was ja wieder Zeit kostet, die er nutzen könnte, um seinen Kaffee in Ruhe am Tresen zu genießen oder ihn gar zu Hause selbst zuzubereiten. Vielleicht erleben wir ja demnächst, dass in Bussen und Bahnen Automaten zur Becherrückgabe installiert werden.

Brigitte Seibold, Hamburg

Kaffee am Tisch trinken

Pfandbecher anzubieten, mag ja sinnvoll sein, aber dass Sie eine Lanze für „Coffee to go“ brechen, verwundert mich. Auf welcher Fahrt will Senator Kerstan den Kaffeebecher denn austrinken? In den öffentlichen Verkehrsmitteln geht es nicht, beim Auto fahren und Rad fahren ist es auch nicht sinnvoll, und in öffent­lichen Gebäuden ist es meistens nicht erlaubt. Ich erkenne in „Coffee to go“ eher ein gewisse Hilflosigkeit in der Lebenswirklichkeit und weniger ein neues Lebensgefühl. Gesünder ist es, den Kaffee am Tisch zu trinken. Wenn Sie erst einmal mit einem „Coffee to go“ zusammengerempelt sind, werden Sie es kritischer sehen.

Siegfried Meyn, Hamburg

Fantasievoller Stadtgestalter

30. November: Oberbaudirektor Jörn Walter geht. Nach 18 Jahren gibt er sein Amt auf eigenen Wunsch ab

Jörn Walter hat sich als sachkundiger und fantasievoller Stadt-Gestalter betätigt und war bei öffentlichen Auftritten ein rhetorischer Feuerkopf. Das Kulturforum Hamburg hat gern mit ihm zusammengearbeitet, zuletzt vor einigen Monaten anlässlich des Streits um den geplanten Abriss der City-Hochhäuser, als er seine Position gleich gegen vier Kritiker brillant verteidigte und Zweifler auf seine Seite zog. Solche streitbaren Geister tun dem Hamburger Diskurs um Bauplanung und Architektur gut. Schade, dass er geht.

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Vorsitzende des Kulturforums Hamburg, per E-Mail

Herr der seelenlosen Klötze

Zum Jahresende endlich mal eine gute Nachricht: Oberbaudirektor Jörn Walter geht. Nun ist zu hoffen, dass die unsäg­liche Zigarrenkisten-Architektur, die offensichtlich viel zu oft auf Investoren-Interessen, ausgeführt von willfährigen Architekten, basiert, nicht nur in der HafenCity ein Ende hat. Bloß keine Dachformen oder Fassaden, die sich an gewachsenen hanseatischen Baustilen orientieren, denn das erfordert Kreativität und ist zu kostenintensiv. Das alles zu verhindern – dazu ist ein Oberbaudirektor da. So wird er als Herr der seelenlosen Klötze in die Geschichte eingehen.

Dirk Helbig, Hamburg

Danke für die Klarstellung

26./27. November: Ohne Bremen sähe Hamburg alt aus. An der Elbe schaut man hochnäsig auf die Weser hinab. Warum eigentlich?

Herzlichen Dank für die Klarstellung. Als „Butenbremer“, der vor mehr als 40 Jahren von Berufs wegen in Hamburg angekommen ist, lachte mir das Herz beim Lesen. Doch sollte man nicht vergessen, dass auch Hamburger Bremen beflügelt haben. Dazu gehört Erzbischof Ansgar, der Apostel des Nordens. Als 845 die Wikinger ihn zwangen, aus Hamburg zu flüchten, verschloss er die Hammaburg und nahm den Schlüssel mit. So kommt es, dass Hamburgs Wappen ein verschlossenes Tor zeigt und der Schlüssel in Bremens Wappen zu finden ist. Ein anderer Großer war Carl F.W. Borgward, dessen Traumauto „Isabella“ zu fahren mir nur kurzzeitig vergönnt war. Und was den Fußball angeht – woher kommt nur die Gewalt? Damals, in den 50ern am Osterdeich, wenn HSV und Werder in der Oberliga „Nordderby“ spielten, gab es keine Gewalt zwischen den „Fans“. Ich erinnere mich an keine Polizeipräsenz, und vom Rasen trennte uns Zuschauer nur ein einfaches Geländer.

Dr. Gunter Alfke, Hamburg/Bremen