Kanzlerin mit Weitblick

5. September: Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern. AfD kommt auf mehr Stimmen als die CDU

So bedauerlich das Ergebnis auch sein mag, hier wird versucht, Kanzlerin Merkel für alles schuldig zu machen, das ist politischer Kannibalismus. Alles scheint sich nur noch um Flüchtlinge zu drehen, anscheinend das einzige gut verkäufliche Medienthema. Wenn man sich einmal vorstellt, was passiert wäre, wenn zwei Millionen Menschen den letzten Herbst und Winter auf dem Balkan hängengeblieben wären, weil Europa die Grenzen dicht gemacht hätte? Das hätte eine humanitäre Katastrophe bedeutet. Die Kanzlerin hat damals Weitblick bewiesen. Es muss mal eine Lanze für unsere Kanzlerin gebrochen werden, sie ist noch lange nicht abzuschreiben.

Joachim Thissen, per E-Mail

Verhängnisvolle Migrationspolitik

Die Migrationspolitik der Bundeskanzlerin hat den etablierten Parteien das Ergebnis verhagelt. Wer vollmundig ankündigt, dass Migranten aus sicheren Herkunftsländern sofort wieder das Land verlassen müssen und nichts dergleichen geschieht, wer sich vor die Kameras stellt und noch vollmundiger ankündigt, dass verurteilte Migranten ihr Gastrecht verwirkt haben und stattdessen eine Duldung erhalten, der belügt die Bevölkerung. Die von allen Demokraten mitgetragene Entscheidung, den Menschen, die wirkliche Kriegsflüchtlinge sind, Asyl zu gewähren, ist richtig. Aber fast 50 Prozent fallen eben nicht darunter. Diese Menschen müssen das Land verlassen, schnellstens. Der Protest, die AfD zu wählen, wird die Repu­blik noch lange begleiten, bis zur Bundestagswahl. Und dann ist das Geschrei erst richtig groß.

Heinz Blum, per E-Mail

Kritische Berichterstattung fehlt

3./4. September: Die Kanzlerin und ihre wohl­fei­len Kritiker. Merkel hat in der Flüchtlingskrise schwere Fehler gemacht

Es gibt seit Jahrzehnten Studien, Statistiken und Veröffentlichungen, die sich kritisch und mahnend mit der Kriminalitätsentwicklung, mit der Integrationsfähigkeit und -willigkeit, dem Ausbildungs- und Qualifikationsniveau, mit dem geringen Ausmaß der Arbeitsinte­gration, der Kulturfremdheit und den negativen Auswirkungen auf unsere Sozialsysteme von zugewanderten Menschen mit Migrationshintergrund befassen. Der Kommentar erweckt den Eindruck, als hätte das keiner gewusst. Das ist nicht wahr. „Focus Money“ hat vor wenigen Tagen in einem Kommentar die Untersuchung der Hamburg Media School über die Medienberichterstattung des Sommers 2015 zitiert. Insgesamt seien 82 Prozent aller Beiträge zur Flüchtlingsthematik positiv konnotiert gewesen, 12 Prozent rein berichtend, sechs Prozent hätten die Flüchtlingspolitik problematisiert. Woher kommt diese Schönrederei, dieses Gutdenken, diese Blindheit und Realitätsferne – diese fehlende Kritikbereitschaft unserer Medien? Wieso besteht diese Interessensymbiose von Politik und Medien und welchen Sinn und Zweck hat sie? Es ist nicht fair, wenn der Kommentator versucht, die Öffentlichkeit in den Versagenskanon von Merkel, Politik und Medien einzubeziehen, indem demoskopische Zustimmungszahlen der Bevölkerung vom Sommer 2015 zitiert werden. Diese Zahlen spiegeln doch nichts anderes als das, was die Medien in die Bevölkerung hineinkommuniziert haben. Unterdessen haben sich diese Zahlen gottlob gründlich geändert.

Steffen Hornthal, per E-Mail

Nichtwähler sagen ihre Meinung

Ja, so war es in der Tat, viele haben sich dem Begeisterungszug angeschlossen, ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen, was das für Folgen hat. CDU, SPD, Grüne und Linke und die Medien im Schlepptau waren einfach nur euphorisch. Bürger aus dem großen Spektrum der Mitte, die nach- und vorgedacht haben, wurden ausgepfiffen, als Pack bezeichnet – und das in einem Land, wo angeblich Demokratie und Meinungsfreiheit zu den Grundprinzipien gehören. Eine differenzierte Meinung wollte man nicht hören. Deutschland und Europa sind seitdem zerrissen und geschwächt, die Gesellschaft gespalten. Wo bleibt die notwendige Integration im Inneren? Wir haben über sechs Millionen Hartz-IV-Empfänger, die auf Rückführung in die Gesellschaft warten, wir haben viel zu wenige Pflegekräfte in den Krankenhäusern und in den Seniorenheimen, wir haben zu wenig Personal bei den Behörden und bei der Polizei, die Gesundheitskosten werden unbezahlbar, viele Jugendliche haben keinen Schulabschluss, die Rentner werden abgekoppelt, die notwendige Verbesserung der Infrastruktur bleibt auf der Strecke. In unserer konfliktreichen Welt müssen wir Probleme vermeiden und nicht vermehren, mit eigener aktiver Konfliktvermeidung im Nahen Osten, dazu brauchen wir Russland. Aber mittlerweile bestimmt offensichtlich Herr Erdogan die Richtlinien der deutschen Politik. Doch eines hat die Politik erreicht: Die Nichtwähler sagen wieder ihre Meinung. Das wollten die Politiker doch immer – oder etwa nicht?

Klaus Meißner, per E-Mail

Helfer zum Nulltarif

5. September: Hamburgs Kampf gegen den Pfle­ge­not­stand

Welcher Pflegenotstand? Der wurde durch die geplante Einheitsausbildung von Alten-, Kranken- und Kinderpflegekräften doch gerade politisch per Federstrich für beendet erklärt. Und was noch an „Fachkräften“ fehlt, das soll – zumindest in Hamburg – ganz einfach durch Ehrenamt und Nachbarschaftshilfe ausgeglichen werden. Doch wo, bitte sehr, kommen all diese segensreichen, noch dazu professionell ausgebildeten Helfer plötzlich her, die zum Nulltarif oder gegen geringe Aufwandsentschädigung tätig werden können oder wollen? Leiden unsere Politikerinnen und Politiker inzwischen unter totalem Realitätsverlust? Vielleicht möchten sie die medizinische Versorgung unserer Bevölkerung demnächst auch durch „Ärzte ohne Grenzen“ übernehmen lassen? Das kostet doch auch nichts.

Thomas Bartel, Hamburg