Sind Sozialberufe weniger wert?

30. August: Jobben aus Lust – oder Not. Viele Rentner arbeiten, weil sie sich noch fit fühlen. Andere, weil sie es müssen

Wie lange noch schließen wir die Augen vor der Altersarmut? Die wenigsten Rentner jobben „aus Lust“ und Kontaktfreude. Wer möchte mitten in der Nacht Zeitungen austragen, und mit wem kann man sich dabei unterhalten? Wer möchte sich den Rücken kaputtmachen beim Reinigen eines Büros? Wer möchte den ganzen Tag Toiletten sauber halten? Wann hören wir auf, uns die Welt schönzureden? Viele Rentner sind arm, und es werden immer mehr. Das hat in vielen Fällen mit Langzeitarbeitslosigkeit, Leiharbeit und Minijobs zu tun. Aber auch Menschen in Sozialberufen müssen darunter leiden. Die Arbeit als Kindergärtnerin, Krankenschwester, Physiotherapeut und Altenpfleger wird nicht gewürdigt und anerkannt, und später bei der Rente sieht man das Ergebnis. Meine Tochter ist Physiotherapeutin und arbeitet Vollzeit, an Sonnabenden und Feiertagen. Sie wird später eine Rente unterhalb der Grundsicherung bekommen. Kann mir einer diese Ungerechtigkeit im Gegensatz zu Beamtenpensionen erklären? Ist die Arbeit am Menschen der Gesellschaft nichts wert?

Sonja Starke, per E-Mail

Staatseinnahmen reichen nicht aus

29. August: Streit um Re­kor­d­über­schuss im Haushalt

Alle Jahre wieder ertönen die Rufe nach Steuersenkungen. Ich habe jedoch den Eindruck, dass die Staatseinnahmen nicht ausreichen, um die zu bewältigenden Aufgaben zu lösen. Die desolate In­fra­struk­tur (Straßen, Schulen, Unis), kaputtgesparte Polizei und öffentliche Verwaltung, ungepflegte und vermüllte Grünanlagen und Parks, zu wenig Freizeitmöglichkeiten für Jugendliche sind nur einige Beispiele, um die wichtigsten Defizite aufzuzählen. Dazu die noch nicht kalkulierbaren Kosten des Flüchtlingszustroms. Wenn die Politik ehrlicher wäre, müsste sie den Bürger auf notwendige Steuererhöhungen einstimmen. Aber im Wahlkampf macht sich Klientelpolitik eben besser.

Thomas Zimmermann, per E-Mail

Schlechte Verkehrsplanung

29. August: Wenden auf der Straße – CDU fordert Fahr­ver­bote

Natürlich ist es unverantwortlich, unter Missachtung aller Trennlinien da zu wenden, wo man sich gerade befindet. Das gilt auch für Straßen ohne Buslinien. Aber eine Teilschuld gebe ich den Verkehrsplanern. Mancherorts gibt es einfach viel zu wenige Möglichkeiten zum Linksabbiegen. Ich erinnere mich an zahlreiche Situationen, in denen ich wenden musste, aber zuvor am Rande der Verzweiflung mehrere Kilometer geradeaus fahren musste.

Harald Rickers, per E-Mail

Lumpen aus Bangladesch

29. August: Kaputte Jeans kosten extra

Wir verlangen von Näherinnen in Bangladesch, Pakistan und anderen armen Ländern, dass sie uns Lumpen zusammennähen. Diese werden von unseren Unterhaltungskünstlern mit Vorbildfunktion zu hohen Preisen gekauft. Die Näherinnen können sich und ihren Kindern häufig keine heilen neuen Kleider kaufen. Was meinen Sie, wie diese Menschen sich fühlen, wenn sie im Internet sehen, wie teuer ihre Produkte verkauft werden? Auch verwundert es mich, dass Firmen, die auf Nachhaltigkeit und Fair Trade setzen, sich hier dem modischen Mainstream unterwerfen. Sicherlich bin ich als Nachkriegskind, Jahrgang 48, der nur Secondhand-Klamotten seines Vetters Fritz tragen musste, weil für mehr das Geld fehlte, nicht objektiv. Aber eine zerrissene Hose stört mich mehr als ein Burkini.

Thomas Schwieger, Hamburg

Hauptbeschäftigung: Hose flicken

Schon lange ärgere ich mich über den Anblick von zerrissenen Jeans im Straßenbild. Als Mutter von drei Söhnen war es vor 30 Jahren eine meiner Hauptbeschäftigungen, zerrissene Hosen durch Stopfen oder Aufnähen von Flicken wieder in einen ansehnlichen und tragbaren Zustand zu versetzen. Unversehrte Kleidung gehörte zu einem ordentlichen Erscheinungsbild und gab den Kindern, die nicht aus begüterten Häusern kamen, ein Gefühl der Sicherheit. Manchmal wurden die lustigen Flicken auf den Knien sogar bewundert. Dass heute zerrissene Jeans zum Modeartikel geworden sind, die man noch teurer bezahlen muss als unversehrte, halte ich für Snobismus. Es ist zynisch, sich bewusst „lumpig“ zu kleiden, in Anbetracht der Tatsache, dass es Millionen Menschen auf der Welt gibt, die froh wären, wenn sie überhaupt eine Hose hätten.

Bettina Schaper-Poser, per E-Mail

Brauchen wir Salat aus dem Labor?

27./28. August: Salat aus der City, sogar im Winter. Firma Farmers Cut will Gemüse in Hamburger Markthalle anbauen. Laborbedingungen sollen Natur nachahmen

Ab Mai 2017 steht frisch geernteter Salat zu 2,50 Euro pro 100 Gramm zum Kauf zur Verfügung. Dieser Salat und andere eigentlich gesunde Waren kommen dann aus Laboren, die die Natur nachahmen. Auch verzehrfertige Chrysanthemen soll es bereits aus Kunstfarmen geben. Alles wird u. a. durch Nutzung eines mit der endlichen Ressource Gas betriebenen Blockheizkraftwerks sowie der unzweifelhaft in die Zukunft gerichteten LED-Technologie möglich. Brauchen die Hamburgerinnen und Hamburger Lebensmittel, die so entstanden sind? Möchten wir das überhaupt? Ich verneine dies mit gutem und reinem Gewissen und bin vollkommen überzeugt, dass regionale Angebote sowie unsere eigenen Gartenerzeugnisse komplett unsere Ernährung sicherstellen. Es ist also keine Hochtechnologie im Herzen von Hamburg erforderlich, und auch die Wirtschaftsbehörde braucht keine Fördergelder aufzuwenden. Mein Rat an Farmers Cut: Bitte vorab eine gute Ökobilanz zur kompletten Geschäftstätigkeit erstellen, damit die Auswirkungen auf das Klima so richtig deutlich werden.

Susanne Wind, Umweltberaterin, Hamburg