Das „Böse“ beschreiben

30./31. Juli und 1. August: Abendblatt-Leser zum Thema Wie sollen wir über Terror berichten?

Das Abendblatt sollte selbstredend fundiert und intelligent über Anschläge berichten. Hierzu gehört unbedingt auch die Persönlichkeitsstruktur/die psychische Auffälligkeit der Täter. Das „Böse“ ihrer menschlichen Destruktivität sollte umfassend beschrieben werden. Offenbar sind die Täter eigenständig nicht in der Lage, sich zu stabilisieren. Dies scheint ihnen nur mittels einer extremistischen Gesinnung gelingen zu können, die sie damit zu nützlichen Idioten macht. Erst das Ineinander einer abnormen Persönlichkeit und einer extremistischen Propaganda potenzieren den Wahn. Ein Attentat setzt damit quasi zwingend eine schwere psychische Erkrankung voraus, die Nachahmer für sich reklamieren dürfen.

Erika Anna Maria Bösand

Die Bilder ähneln sich

Als ich letzte Woche die Terrorberichterstattung über Tage las, war mein Wunsch, die Zeitung abzubestellen, weil ich die Nachrichten so geballt nicht mehr aushalten konnte. Aber natürlich kann man sich so dem Geschehen nicht entziehen, und ich werde mich auch weiterhin genau informieren. Ich bin immer sehr dankbar über die sehr guten Artikel von Herrn Iken, Herrn Haider und Herrn Frankenfelds Hintergrundinformationen über den Islam etc. Ich bin der Meinung, dass über Anschläge selbstverständlich sachlich und mit Hintergrundinformationen berichtet werde muss, aber muss das Bildmaterial so umfangreich sein? Die Bilder ähneln sich inzwischen immer und erschrecken.

Karla Roggenkamp

Ich möchte lesen und nicht sehen

Klar ist, der Terror würde ein baldiges Ende erleben, würden die Medien gar nicht darüber berichten. Da wir aber noch in einer Demokratie leben, ist diese Möglichkeit nicht gegeben. Klar bleibt auch, dass wir eine bestens vernetzte Welt sind und bleiben. Ich wünsche mir Hintergrundwissen über die „Täter“ und die Tat. Mich interessiert, wie Menschen, die auch mal liebenswerte Kinder gewesen sein müssen, zu Monstern wurden. Aber bitte in Textform. Bilder können getrost reduziert werden, denn es sind die Bilder, die den Terrororganisationen dienen und potenzielle Einzeltäter zu Anschlägen ermuntern. Ich möchte keine Bilder von Tätern, Tatwerkzeug, Tatumfeld und Opfern sehen, schon gar nicht auf der Titelseite. Ich möchte alles lesen und nicht sehen. Toll, dass Sie sich mit dieser sehr hohen Verantwortung Ihrerseits auseinandersetzen. Mögen andere Medien und Verlage diesem folgen.

Iris Oeverdieck

Lösungen diskutieren

Es ist selbstverständlich, dass wir über Anschläge informiert werden müssen. Es reichen jedoch Informationen wie Ort, Zeitpunkt, Anzahl der Toten und Verletzten sowie Angaben über die Täter und Erfolge der Polizei. Nicht erwünscht und überflüssig sind stündliche, über Tage laufende Berichte und Spekulationen, wie es in allen Medien derzeit gesendet wird, mit ausführlichsten Bild- und Wortreportagen. Jede Talkshow, jede politische Runde hat nur noch dieses eine Thema. Das ist Effekthascherei und schürt lediglich Ängste und Hass. Wir ändern damit nichts. Diskussionen, die nach Lösungen suchen, wären sinnvoll.

Eva-Marie Dörries-Kohnen

Das sagt die Risikoforschung

Erst einmal Dank für die begrüßenswerte Entscheidung, Ihren internen redaktionellen Diskurs zur Thematik Terror-Berichterstattung auf die Leserschaft auszuweiten. Meiner Ansicht nach wäre es wünschenswert, die Berichte zu diesem Thema in einem reduzierten Umfang zu präsentieren und gegebenenfalls auch an anderer Stelle zu positionieren („Aus aller Welt“ ), denn bei einer eher ausgeweiteten Berichterstattung, wie bis dato Usus, ist mit folgenden Aspekten bzw. Gefahren zu rechnen: In weiten Teilen der Bevölkerung bestehende diffuse Ängste können durch eine oft über Tage gehende, mehr oder weniger redundante Berichterstattung immer wieder erneut angetriggert werden, was kontraproduktiv zu dem von unserer Gesellschaft zu lernenden Umgang mit dieser Angst wäre. Die Intuitions- und Risikoforschung weiß, dass die Reaktionen auf sogenannte dread shocks, spontane, emotional zwar verständliche, aber überzogene Massenangstreaktionen auf Katastrophen und Unglücksfälle, meist zu weitaus größeren Schäden und unglücklichen Vorfällen führen als der durch den eigentlichen tragischen Vorfall entstandene schreckliche Verlust an Dingen und vor allem an Menschen.

Rainer Blöcker

Absurdität deutlich machen

Gern aufrichtig, aber äußerst sensibel. Rücken Sie aber nicht facettenreich die schwer gestörten Täter mit ihren menschenverachtenden Handlungen Zeile für Zeile in den Vordergrund, geben diesen kranken selbsternannten Glaubenskriegern zusätzlich keinen Anlass, sich selbst narzisstisch bespiegeln zu können und, bestärkt durch die Medien, ermutigt zu fühlen. Bilder von Opfern sollten grundsätzlich tabu sein. Dokumentieren Sie vielmehr, wie wenig die islamischen Glaubengrundsätze durch die, streng genommen, abtrünnigen und tatsächlich irregeleitet-gottlosen Täter befolgt werden. Machen Sie mit ihrer Berichterstattung und Kommentierung die ganze menschenverachtende Absurdität eines vollkommen substanzlosen, nichtigen Glaubenskrieges im 21. Jahrhundert deutlich.

Thomas Prohn

Lebensverhältnisse der Täter

Der Artikel von Prof. Schulte-Markwort drückte das aus, was ich schon lange befürchtete, nämlich dass es für manchen jungen Menschen eine und wohl oft die einzige Möglichkeit ist, Beachtung von einem großen Kreis Menschen zu finden. Sicherlich kann das Nachahmer zu ähnlichen Taten veranlassen. Kann man jedoch ausschließen, dass diese Jugendlichen von verantwortungslosen Drahtziehern zu ihrem Tun veranlasst oder sogar getrieben werden? Aus diesem Grunde halte ich die Information durch die Medien über all diese entsetzlichen Vorkommnisse für sehr wichtig, wozu ich auch die Hintergründe und die Lebensverhältnisse der Täter zähle, um vielleicht irgendwann das Ganze zu durchschauen und vielleicht eine Idee zu haben, wie wir als Gesellschaft mit diesen jungen Menschen umgehen müssten, um ihnen ihr Leben und vor allem das ihrer Opfer als Wert erscheinen zu lassen. Bilder sehe ich nicht gern, weder den Tatort noch die trauernden Angehörigen und schon gar nicht die Opfer.

Ingrid Linn-Petersen

Ohne Effekthascherei

Für mich ist es wichtig, eine sachliche Darstellung der Dinge zu lesen ohne Effekthascherei. Da es aus meiner Sicht sowieso nicht möglich ist, alle Hintergründe zu beleuchten und die Wahrheit zu erfahren (Was ist die Wahrheit ?). Weiterhin wäre es wichtig, in diesem Zusammenhang viel öfter über positive Integration zu berichten – das vermisse ich ganz stark in unserer Presselandschaft.

Frank Kotter

Genau richtiger Umfang

Ich erwarte als Leserin des Abendblattes, dass ich immer aktuell zu Terroranschlägen oder Amoks informiert werde. Ich bin eine treue Leserin des Abendblattes, weil die Berichterstattungen im genau richtigen Umfang erfolgen. Weniger oder undetaillierter zu berichten, um Nachahmeffekte zu vermeiden, würde mich sehr nachdenklich stimmen, insbesondere, weil Nachahmer von überall her inspiriert werden könnten.

Gabriela Brinkmann

Ohne Ausschmückungen

Unter Berichterstattung verstehe ich sachliche, nicht einseitig verfälschte und subjektiv kommentierte Berichte. Übertreibungen, Vermutungen, Annahmen und Ausführungen zu eventuellen zukünftigen Entwicklungen haben zu unterbleiben. Es geht allein um eine objektive, knappe, ohne Ausschmückungen verfärbte Tatsachenschilderung.

Rupprecht Schaper