Das Hamburger Abendblatt hatte seine Leser um ihre Meinung zum Umgang mit den zunehmenden Schreckensmeldungen gebeten. Eine erste Auswahl von Reaktionen

Größtmögliche Sachlichkeit

Ich finde es sinnvoll, über terroristische Gefahr zu berichten, jedoch ist es unbedingt nötig, dies nicht reißerisch, sondern besonnen, nicht groß aufgemacht, sondern kurz zu tun. Über die Maßnahmen der Fahndung sollte keinesfalls berichtet werden, ebenso wenig über die Raster der Fahndung. Keiner soll zum Trittbrettfahren animiert werden. Außerdem sollten Mitteilungen über terroristische Gefahr nicht in räumlicher Nähe zu Nachrichten über Flüchtlingsunterkünfte platziert werden. Ich bitte um größtmögliche Sachlichkeit.

Christiane Röhling

Nur das Allernotwendigste

Meines Erachtens sollten Sie nur das Allernotwendigste berichten. Nur gesicherte Tatsachen bzw. das, was auch die Polizei mitteilt. Keine Spekulationen, keine familiären Hintergründe der Täter, keine ominösen Zeugenaussagen.

Carl-Erik Buehring

Ausführlich und gut recherchiert

Bitte informieren Sie weiter ausführlich und gut recherchiert über dieses Thema, das eine Wende in unserer Gesellschaft zeigt. Bitte nicht Dinge verschweigen, weil sie falsch aufgefasst werden. Ich möchte als mündiger Bürger behandelt werden. Tabus haben uns in der Vergangenheit nicht weitergebracht.

Dagmar Jerichow

Liste der Opfer

Bitte berichten Sie so weiter, wie sie es bisher tun. Umfassend und kompetent. Wenn ich am Abend Fernsehsondersendungen sehe, in denen in hektischen Liveschaltungen und hilflosen Spontankommentaren immer wieder über die gleichen schrecklichen Sachverhalte berichtet wird, bin ich ihnen am nächsten Tag für Ihr Printmedium besonders dankbar. Auf zwei bis vier Seiten fassen Sie die Ereignisse mit allen Fakten und nachdenklich machenden Kommentaren zusammen. An den Folgetagen berichten Sie aus zusätzlichen Blickwinkeln informativ weiter. Der Täter gehört zu seiner Tat und sollte nicht nur genannt, sondern auch gezeigt werden. Ein Foto bedeutet kein zusätzliche Aufmerksamkeit, sondern zeigt nur, wer hinter dieser Tat steckt: ein Mensch. Die Menschen, die Opfer dieser Verbrechen sind, tauchen hingegen zu selten in der Berichterstattung auf. Vielleicht sollte mehr über sie berichtet werden, so schwer das auch ist.

Rüdiger Willmer

Weniger ist mehr

Ich finde es sehr gut, dass Sie zu diesem Thema das Interesse der Leser abfragen. Meine Antwort ist sehr kurz. Weniger ist mehr.

Angelika Schneider

Weniger mediale Aufmerksamkeit

Wie soll man mit der Berichterstattung umgehen? Diese schwierigen Fragen sind für Medien aller Couleur immer eine Gratwanderung. Medien werden kritisiert, wenn zu viel oder zu wenig berichtet wird. Die Bürger haben ein Recht auf Information, dem Sie auch nachkommen. Terror und Amokläufen werden langsam zur Gewohnheit. Zu ausführlich und intensiv bis ins kleinste Detail wird darüber berichtet. Weniger mediale Aufmerksamkeiten dieser Ereignisse würden solche Taten in Zukunft unattraktiver machen. Die intensive Berichterstattung macht es Nachahmer einfach, sich zu Untaten hinreißen zu lassen und missbraucht die Medien als Einstiegsgehilfen. Daher wünsche ich mir eine differenzierte Berichterstattung, die nicht ganze Seiten oder Sendezeiten ausfüllen.

Oliver Böge

Keine Spekulationen

Sie dürfen alles berichten, aber nichts, was mit „könnte, sollte, man glaubt, man vermutet“ und weiteren Spekulationen beginnt. Und verschonen Sie Ihre Leser mit Fotografien von Papptafeln, auf die „WARUM?“ gekritzelt wurde.

Frank Wohlfahrt

Trauriger Nachahmungseffekt

Die groß aufgemachte, sich ständig wiederholende Berichterstattung verunsichert empfindsame und labile Menschen. Sie meiden Großveranstaltungen. Das beeinträchtigt das Freizeitverhalten, die positive Lebenseinstellung und hat auch wirtschaftlich negative Folgen. Die hohe Aufmerksamkeit, die den Tätern zuteil wird, hat einen traurigen Nachahmeffekt bei labilen Menschen, die für sich keine Alternative erkennen. Sie werden posthum zu Helden und können der Welt zeigen, was für Kerle sie sind/waren. Jeder tote Attentäter ist daher leider auch ein falsches Signal. (...) „Le Monde“ geht mit gutem Beispiel voran.

Günther Büttner

Absolutes Minimum zu Tätern

Selbstverständlich müssen die Medien über Terror-/Amokattentate berichten. Allerdings bin ich der Ansicht, dass die Informationen zu Tätern auf ein absolutes Minimum beschränkt werden sollen. Ich habe kein Interesse an Bildern des Täters oder Informationen über ihn. Je weniger veröffentlicht wird, desto besser können Nachahmungseffekte vermieden werden. Genauso wenig Interesse habe ich auch an Bildern der Opfer. Solche Bilder verstärken das Leid der Angehörigen. Wenn das Einverständnis der Angehörigen vorliegt, sollte vielmehr über die Opfer berichtet werden.

Dieter Lehmitz

Täter sollen anonym bleiben

Ich kann die Darlegungen von Prof. Schulte-Markwort nur unterstreichen. Wenn diese „Helden“ unbedingt auf solchen Wegen in ihr „Paradies“ wollen, sollen sie anonym bleiben. Wenn die Behörden noch nach Hintergründen forschen, sollten Medien wie auch Politiker und die zumeist selbst ernannten Experten das Ergebnis abwarten und dann nur darauf eingehen, wenn sich daraus eine Strategie für die Verhinderung ergibt.

Dieter Karsten

Zu viel an Informationen

Wer in Deutschland sein Gastrecht missbraucht, der sollte im Schnellverfahren ausgewiesen werden. Insofern leisten die Medien mit ihrer täglichen Berichterstattung einen wichtigen Beitrag. Überbordende Mitteilungen durch die Zeitungen, TV, Radio, Internet und Smartphone können mitunter zu viel Informationsflut sein. Die Feinarbeit dazu leisten immer die Redakteure.

Rita H.

Nicht einschüchtern lassen

Lasset uns nicht die Augen verschließen vor diesem Thema. Lasset uns nicht die uns so wichtige Pressefreiheit nehmen. Lasset uns über solch grauenhafte Taten berichten, weil wir das Recht haben, dar­über zu erfahren und der Opfer zu gedenken. Allein schon über die Frage zu diskutieren, ob Terroristen nicht möglicherweise ihr Ziel erreichen, wenn in Medien über sie berichtet wird, zeigt unsere Angst. Lassen Sie sich nicht einschüchtern, in Ihrer Freiheit zu tun wonach Ihnen ist. Lassen Sie sich nicht einschüchtern, liebe Redaktion, zu berichten, was uns alle erschüttert.

Patrick Schefe

Lieber zurückhaltend berichten

Vier und mehr Seiten über den Terror oder die Anschläge auf Menschen in Deutschland finde ich ganz furchtbar, denn es erzeugt Ängste bei vielen Lesern. Lieber zurückhaltend berichten wäre für die Leser schöner und passt auch besser zum Abendblatt.

Klaus Plaumann

Fakten, Fakten und Experten

Den Printmedien vorausgegangen sind (leider) meist das Fernsehen und ähnliche Informationsträger. Deshalb sind in der Presse allein Fakten ausreichend und seitenlange Bebilderungen nicht mehr interessant. Dagegen aber sind Expertenmeinungen, wie von den Professoren Schulte-Markwort und Büchel sehr nützlich, um Hintergründe zu erfahren. Nachahmer-Effekte durch Pressemitteilungen halte ich für unwahrscheinlich, da die gestörten Kranken die Informationen längst aus Twitter, Facebook & Co. bezogen haben.

Axel Schulz

Der Leser verkraftet das

Offen und zeitnah. Das erwarte ich als Leser in einer demokatischen Gesellschaft. Alles andere empfinde ich als Zensur. Der Leser/Bürger wird von der Regierung und der Presse als unmündig betrachtet, wenn man ihm unterstellt, er könne die Wahrheit nicht verkraften. Schon die Frage zu diesem Thema macht mich stutzig. Sollte nicht die vollkommene Offenheit der Berichterstattung etwas Selbstverständliches sein?! Es geht nicht darum, sofort in jeder Tat einen islamistischen Hintergrund zu vermuten. Mit Vermutungen sollte man sich dieser Tage sowieso zurückhalten. Aber vor den Tatsachen sollte die Presse nicht die Augen verschließen, und die Bevölkerung sollte informiert sein.

Tanja Sasic

Weiter so!

Über wichtige Ereignisse muss auch umfassend informiert werden. Also: Bitte weiter wie bisher.

Peter Menk

Journalistische Pflicht

Terror-Berichterstattung liegt in Ihrer journalistischen Pflicht, solange nicht über Bombenbauanleitungen und Ähnliches berichtet wird. Die Berichte über die Opfer und deren Familien müssen umfangreicher sein als die Berichte über Täter und deren (angebliche) Motive.

Arno Michel

So informativ wie nötig

Sehr erfreulich zu hören, dass Sie sich Gedanken machen, wie Sie als Medien vorgehen könnten. Taten, die darauf abzielen, möglichst viel Aufmerksamkeit zu bekommen, sollten so wenig Aufmerksamkeit bekommen wie möglich. Es ist nicht wichtig für mich zu wissen, wie die Täter aussehen und heißen. Ich würde auch nicht wissen wollen, für wen genau sie Sympathie hegten. Damit diese nicht die Aufmerksamkeit bekommen, welche sie haben wollen, könnte man vielleicht nur sagen, dass sie mit einer Terrororganisation/Rechtsextremen sympathisierten, nicht aber mit welcher. Ich möchte auch nicht detailliert wissen, mit welchem Mordinstrument sie losgegangen sind. Stichverletzungen, Schussverletzungen, überfahren etc. könnte man schreiben vielleicht, d. h. Fokus auf die Opfer. Daraus kann man auf die Tatwaffe selber schließen. Einfachste Aufmachung, nur mit Text, keine Bilder, weder von Opfern noch Tätern noch Orten oder Tatwaffen. So langweilig wie möglich, so informativ wie nötig.

Verena Scholz

Zur Meinungsbildung beitragen

Was Sie zeigen dürfen, richtet sich nach den Rechtsvorschriften. Was Sie zeigen sollen, liegt in Ihrem Ermessen, jedoch sollten Sie bedenken, dass die Leser vom Kauf des Abendblattes absehen werden, wenn Sie nicht möglichst viel von den Tätern und deren Hintergründen berichten oder wichtige, möglicherweise unangenehme Informationen weglassen. Das Abendblatt soll umfassende Informationen liefern, sofern diese zur eigenen Meinungsbildung beitragen können. Dabei ist dem Leser zu ermöglichen, den Unterschied von Berichterstattung und Kommentar zu erkennen. Die Meinung von Prof. Schulte-Markwort in seinem Kommentar ist zu respektieren. Sie darf allerdings keinen Einfluss auf Ihre journalistische Aufgabenerfüllung haben.

Hans-Joachim Hofmann

Weniger Bilder

Sie stecken in einer Zwickmühle. Ausführlich zu informieren, ohne reißerisch zu werden. Ein Kompromiss könnte darin liegen, wenn Sie und die anderen Zeitungen Ihres Verlages sich darauf einigen könnten, weniger Bildmaterial zu verwenden.

Claus Rau

Schreiben Sie, was ist

Sie fordern uns Leser zur Diskussion über Ihre Berichterstattung auf. Implizit stellen Sie auch die Frage, ob man denn immer alles bringen sollte/müsste. Das fehlte gerade noch, dass das Abendblatt, mit welcher Begründung auch immer, Nachrichten weglässt und das auch noch auf Anregung oder Wunsch von Lesern. Das wäre ja ein fabelhaftes Alibi für Nachrichtenunterdrückung, das böse Wort vom der „Lückenpresse“ würde wahr. Mein Vorschlag: Machen Sie es so, wie Ihr Redakteur Christoph Heinemann am Freitag schreibt: „Das Schweigen ist noch gefährlicher. Dann entsteht der Eindruck der Bevormundung ...“ Schreiben Sie einfach, was ist.

Jochim Trede

Wer steckt hinter dem „IS“?

Ich wünsche mir eine sachliche, fundierte Berichterstattung ohne reißerische Aufmachung, die nichts verschweigt, die aber auch die Hintergründe beleuchtet. Listen Sie doch einmal auf, wer den IS finanziell unterstützt. Zeigen Sie doch einmal auf, welch katastrophale Fehler die amerikanische Außenpolitik im Nahen Osten gemacht hat. Im Übrigen glaube ich, dass die Berichterstattung im Fernsehen viel eher im Fokus stehen sollte; dort ist die Krankheit „Brennpunkteritis“ ausgebrochen.

Jürgen Rechter

In Zusammenarbeit mit TV

Die Zeitungen sollten nicht mehr in sensationeller Art über Terror und Amokläufe berichten. Und nicht mehr auf der Titelseite, Kurznachrichten im Innenteil reichen aus. Potenzielle Terroristen sollen glauben, dass wir diese Anschläge inzwischen als Normalität ansehen. Die Fernseh- und Radiosender müssten aber mitmachen bei dieser sehr reduzierten Berichterstattung.

Wolfgang Brandt

Vorsicht bei Wahl der Begriffe

Keine Begriffe aus aktuellen Vorgängen 1:1 übernehmen. Beispiel München. Die Polizei hat den Begriff „Terror“ verwendet, um personell maximale Kapazitäten mobilisieren zu können. Die Presse hat den Begriff übernommen und damit maximale Angst geschürt. Bitte vorsichtig mit Begriffen umgehen. Herumreiten auf aktuellen Vorgängen und deren voreiliger Bewertung: Durch ständiges Wiederholen von „Angst“, „Unsicherheit“ und „Unklarheit“ wird sie nur noch größer. Mit sachlicher Berichterstattung und Meinungsbildung hat das nichts zu tun. Beispiel Berichterstattung ARD zu München: wenig souveräne Moderation. „Vorgänge“ sind nicht gleich „Nachrichten“. Beispiel München: erst drei Täter, dann ein Einzeltäter, erst Terror dann Amok.

Friederike Abresch

An die Trittbrettfahrer denken

Je mehr Berichterstattung in den Medien und je mehr Aufmerksamkeit den Attentätern gewidmet wird, desto mehr Trittbrettfahrer und Nachahmer wird es geben. Manch einer kommt erst auf die Idee, je mehr darüber berichtet wird. Bitte nur ein kleiner Bericht, das reicht vollkommen.

Birgit Kraft

Teil der Lösung sein

Ihre Diskussion kommt für mich gerade richtig. Mein Wunsch ist: Ich möchte nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sein. Das wünsche ich mir auch von meiner Lokalzeitung: Berichte über Schrecken nur so viel wie sachlich nötig und daneben den Schwerpunkt auf das, was einordnet, diskutiert und vor allem: hilft. Das Abendblatt ist einer meiner Fühler in die Stadt und in die Welt. Ich möchte Menschen und Meinungen kennenlernen, die die Freiheit, das Mitgefühl und den Mut vertreten. Alles, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, wächst ja – dieses Prinzip gilt im Schlechten wie im Guten.

Cornelia Dorn-Thies

Auf Seite 1 hinweisen

Printmedien haben ja immerhin den Vorteil, dass ich selbst Zeit und Umfang des Lesens bestimmen kann. Ich finde es auch kaum erträglich, dass menschenverachtende Terroristen morden. Es ist aber kontraproduktiv, diesen Anschlägen einen zu großen Raum in der Zeitung zu bieten. Ich würde mir bei einem Anschlag folgende Information durch Ihre Redaktion wünschen. Auf Seite 1 ein Hinweis, bei einem größeren Anschlag vielleicht auf 1/10 der Seitenfläche, ruhig mit großer Überschrift und einem typischen Bild mit deutlichem Hinweis auf die Seite(n), auf denen ausführlich dar­über berichtet wird. Ich möchte schon die Möglichkeit haben (wenn ich will), Bilder und detaillierte Berichterstattung zu erhalten, aber nicht im vorderen Teil.

Dr. med. Werner Huber