Fehlurteile sind menschlich

28. Juni: Mit dem Brexit leben

Haben wir nicht alle schon mal, ob privat oder geschäftlich, Entscheidungen getroffen, die wir im Nachhinein bei weiterem Nachdenken als falsch einstufen? Warum sollen wir dies einem ganzen Volk verwehren? Ich habe den Eindruck, dass viele der Brexit-Befürworter nicht wirklich den Austritt aus der EU, sondern nur einen deutlichen Warnschuss abgeben wollten, damit die Ausnutzung der britischen Sozialsysteme durch die Zuwanderung aus armen EU-Staaten gestoppt wird. Gerade die Älteren bangten dadurch um ihre gesicherte Altersversorgung. Höchstwahrscheinlich würden die 26 Prozent Nichtwähler heute mehrheitlich gegen den Brexit stimmen.

Heinz E. Foerstner, Hamburg

In Zukunft Sonderrechte streichen

Ich bin sicher, dass Großbritannien über kurz oder lang bei der EU anklopfen wird, um wieder Mitglied zu werden. Dann sollte die EU aus Gründen der Gerechtigkeit alle bisher Großbritannien gewährten Sonderrechte streichen und völlig neu verhandeln. Die EU sollte bei den neuen Verhandlungen auch durchsetzen, dass Großbritannien das in Europa gültige, in sich kohärente metrische System von Maßen und Gewichten vollständig übernimmt und die Maße inch, foot, gallon usw. aufgibt. Damit würde Großbritannien zeigen, dass es dem Land diesmal ernst ist mit einer Mitgliedschaft in der EU.

Dr. Ludwig Kies, Hamburg

Gute Idee, schlechte Ausführung

27. Juni: Die Briten wussten nicht, was sie taten

Wäre die Wahlbeteiligung der jungen Briten so groß gewesen wie die der „Alten“, müssten sie jetzt nicht über das Ergebnis der Wahl jammern und klagen. Volksentscheide können für die Regierenden problematisch sein, wenn sie die amtliche Auffassung nicht bestätigen: Hamburg hat damit Erfahrung. Die Frage ist, wie die Politiker im Nachhinein mit diesen Entscheidungen umgehen. Ein Paradebeispiel dafür, wie man eine gute Idee in den Sand setzen kann, ist der Euro. Man muss nur Staaten, die die erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, mit in die Euro-Zone aufnehmen, anschließend die getroffenen Abkommen und Verträge nach Bedarf verwässern, und schon wird aus einem Projekt, das die Union stärken sollte, der größte Spaltpilz der EU. Derartige Politik fördert keine Begeisterung.

Jochen Kramb, per E-Mail

Lärm trotz Dreifach-Verglasung

27. Juni: Har­ley­luja – Sie sind wieder ab­ge­fah­ren

Wenn es weniger Beschwerden gab, so lag das sicher nicht daran, dass es weniger laut war, sondern dass die Telefonnummer nicht jedem bekannt und die aktuelle Internetseite des Veranstalters nicht erreichbar war. Und was nutzt es, sich beim Veranstalter zu beschweren, weil bei uns auf der Borgfelder Straße, mehrere Kilometer vom Veranstaltungsgelände entfernt, die Harleys und andere Motorräder hin und her knattern und bei jedem Ampelstopp die Motoren so aufheulen lassen, dass der Lärm durch die dreifach verglasten Fenster dringt? Es wird völlig übersehen, welche Zumutung dieses „Event“ für die Bewohner der vom Corso betroffenen Stadtteile und für die Bewohner all der Stadtteile, durch die die großen Zufahrtsstraßen führen, bedeutet. Mag es auch auf dem Veranstaltungsgelände relativ ruhig zugehen, hier knattern dann das ganze Wochenende, wenn endlich mal der Berufsverkehr ruht, die Biker hin und her. Wie kann es nur sein, dass die Stadt den Vertrag schon wieder um fünf Jahre verlängert hat?

Aman und Astrid Habib, per E-Mail

Überstürztes Konzept

23. Juni: Alarmbrief: Stadtteilschulen fordern Schule für alle

Natürlich liegt die Hauptschuld für die jetzige Misere der Stadtteilschulen nicht bei den Gymnasien, sondern bei der Hamburger Schulpolitik. Am Beispiel der Inklusion, durch die die Stadtteilschulen unter anderem sehr belastet und herausgefordert sind, kann man dies gut aufzeigen: Seit Deutschland die Uno-Konvention über die Rechte behinderter Menschen unterzeichnet hat, sind die Bundesländer aufgefordert, ihr Bildungssystem so zu gestalten, dass eine chancengleiche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen möglich wird. Dies erforderte aber nicht eine überstürzte Einführung der Inklusion; man hätte sich für ein so großes pädagogisches Unterfangen auch Ruhe und Zeit nehmen können, wie der Blick in andere Bundesländer zeigt. In Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel nimmt man sich Zeit bis 2020, um ein „schlüssiges Gesamtkonzept“ der Inklusion zu erarbeiten. Inzwischen haben dort schon vier Inklusionskongresse unter sehr interessierter Beteiligung aller relevanten gesellschaftlichen Gruppen stattgefunden. Dieses gelassene Vorgehen hätte Hamburg auch gutgetan und dazu beigetragen, eine Überforderung von Lehrern, Schülern und Eltern zu vermeiden.

Gisela Sternberg-Frey, per E-Mail

Landstrom zu teuer?

21. Juni: Landstrom für Kreuzfahrtschiffe weiterhin nur im Test

Wie kann es sein, dass es den Fachleuten in den Planungsbüros nicht möglich ist, eine Landstrom-Versorgungsanlage zu konzipieren und zu bauen, die den gelieferten Strom an ein Schiff übergibt, das damit auch etwas anfangen kann? Vermutlich soll Landstrom gar nicht abgenommen werden. Den Strom herzustellen und den anfallenden Abgasdreck mit den eigenen Turbinen in den Hamburger Himmel zu blasen, scheint kostengünstiger zu sein. Da es erst ein einziges Schiff gibt, das mit Landstrom überhaupt etwas anfangen kann, hätte man warten müssen, bis mehr Schiffe mit dieser Energieaufnahme in einem Hafen versorgt werden können. Nun muss erneut der Steuerzahler für dieses „Planungsgemurkse“ bezahlen. Politik und Industrie sehen dabei wieder mal ganz alt aus.

Joachim Heinrichs, Hamburg