Gute Nacht, Großbritannien

24. Juni: Die Briten haben gewählt

Direkte Demokratie hört sich erst einmal gut an. Kann sie auch sein, wenn die, die wählen, wissen, was sie tun. Zusammengehörigkeit muss man sich schwer erarbeiten, das gilt in der Familiengemeinschaft, wie auch in einer Wirtschafts- oder politischen Gemeinschaft. Das hat die „Ausstiegshälfte“ der Briten nicht kapiert.

Detlef Lange, per E-Mail

Bundesbürger befragen

Natürlich ist nun große Erschütterung in der EU – sind dort doch die bestbezahlten Beamten mit undefinierbarer Arbeitszeit. Die größten „Verlierer“ sind die Banken, die Einzigen, die an der EU verdienen und die Milliarden hin- und herschieben. Für den einzelnen Bürger sind – abgesehen von der einheitlichen Währung und den offenen Grenzen – nur Ärger über die täglichen Nachrichten geblieben. Es wäre fair, auch mal die Bundesbürger zu fragen, ob EU oder nicht. Ich glaube aus Angst vor dem Resultat wird dies verhindert.

Lilo Bernhardt, Hamburg

Zollschranken fallen

Viele Kontinentaleuropäer haben nie verstanden, mit welchem Recht sich die Briten viele Sonderrechte herausgenommen haben. Nach dem Brexit werden auf dem Kontinent wieder die Zollschranken für britische Wareneinfuhren heruntergehen und das britische Pfund mit Sicherheit stark abgewertet. Die Arbeitslosenzahlen werden auf der Insel auch stärker ansteigen als im Rest Europas. Allerdings fällt mit dem Austritt Großbritanniens der zweitgrößte Nettozahler der EU weg. Man kann nur hoffen, dass Deutschland als Hauptfinanzierer der EU nicht auch noch diese Lücke schließen muss.

Martin Wucherpfennig, per E-Mail

Ein Europa der Bürger

Jetzt kann endlich an dem Projekt eines wirklichen Zusammenwachsens der Willigen weitergearbeitet werden, an einem europäischen Staat mit mehr demokratisch legitimierter Macht und weniger übergestülpter Bürokratie. Dafür bietet sich die Idee vom „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ an. Die Staaten mit einer großen proeuropäischen Mehrheit, hohen Demokratie-Standards und kompatiblen Grundrechte-Kulturen wachsen zusammen und erheben zu ihrem Primat das Wohlergehen der Bürger, nicht mehr das Wohlergehen der Konzerne und Banken. Den anderen Staaten wird mit der „privilegierten Partnerschaft“ ein einheitlicher Rechtsrahmen für eine Wirtschaftsgemeinschaft angeboten mit niedrigen Zöllen und Visumfreiheit für die Bürger, so auch Ländern wie Schweiz, Norwegen und der Türkei.

Clemens Grün, Hamburg

Jede Menge Chancen für Hamburg

Der Entscheid der Briten bietet neben den negativen Folgen auch Perspektiven für eine international aufgestellte Stadt wie Hamburg. Das Votum richtet den Blick von der EU-Zentrale und nationalen Regierungen zurück auf die Ebene, wieder mehr auf die Regionen. Hamburg ist jetzt im besonderen Maße gefragt. Gerade unsere Stadt könnte in der Zeit zunehmend gefühlter Sprachlosigkeit zwischen politischer Ebene und den Staatsvölkern eine besondere Rolle einnehmen und einen kommunikativen Brückenkopf zu London bilden. Wir sollten jetzt jede Gelegenheit nutzen, um einen stärkeren politischen und kulturellen Brückenschlag zur Insel zu organisieren, an dessen Ende vielleicht die Wiedereinrichtung eines britischen Generalkonsulats steht. Der Senat könnte dem nächsten Matthiae-Mahl eine britische Note geben, etwa mit einer Einladung an die Queen. Hamburg stünde auch eine Städtepartnerschaft zu einer britischen Stadt gut zu Gesichte. Warum nicht London?

Peter Schmidt, Wedel